Berlin Geldwäsche-Paradies Deutschland

Berlin · Die Bundesrepublik ist aus Sicht von Forschern besonders attraktiv für Mafiosi und Geldgeber von Terroristen. Daher will die Bundesregierung die Bezahlung mit Bargeld nun auf maximal 5000 Euro beschränken.

Berlin: Geldwäsche-Paradies Deutschland
Foto: BKA | Ferl

Deutschland ist ein Eldorado für Geldwäscher und Terrorismusfinanzierer. Was Finanzexperten seit Jahren behaupten, hat der Hallenser Experte Kai Bussmann nun in einer sogenannten Dunkelfeldstudie nachgewiesen. Bussmann hat 73 Interviews mit Experten aus Polizei und Justiz, Wissenschaft und Wirtschaftsverbänden geführt sowie 1002 sogenannte Verpflichtete aus dem Nicht-Finanzsektor befragt, um herauszufinden, wie groß sie das "Dunkelfeld" der in Deutschland abgewickelten Geldwäsche außerhalb der Banken einschätzen. Sein Ergebnis: Außerhalb des Finanzsektors gibt es vermutlich mehr Verdachtsfälle als innerhalb des Sektors.

Die Bundesrepublik sei besonders attraktiv für Mafiosi und Geldgeber von Terroristen, sagte Bussmann. Geldwäscher handelten wie Investoren und orientierten sich wie in der legalen Wirtschaft an den Kriterien lukrativer und unauffälliger Geldanlagemöglichkeiten. Die gebe es am florierenden Wirtschaftsstandort Deutschland zuhauf. Zudem schätzten auch Geldwäscher den Schutz und die Sicherheitsstandards eines Rechtsstaats.

Ein besonders hohes Geldwäscherisiko gebe es in der Immobilien- und Baubranche, für Rechtsanwälte und Notare, für Antiquitäten- und Kunsthändler sowie für den Boots- und Yachthandel. Aber auch Hotellerie, Gastronomie und der Kraftfahrzeug-Handel böten Geldwäschern gute Entfaltungsmöglichkeiten. Jährlich gebe es 15.000 bis 28.000 Verdachtsfälle allein außerhalb des Finanzsektors - und damit sogar mehr als im Finanzsektor, aus dem den Behörden bislang 99 Prozent aller Verdachtsfälle gemeldet werden.

Rechtsanwälte und Notare würden oft große Bargeldsummen annehmen und diese auf Treuhand- oder Anderkonten verwalten, die von der Finanzaufsicht nicht kontrolliert werden könnten. Über diese Sonderkonten könnten hohe Bargeldbeträge gewaschen werden. Dies gelte insbesondere, weil Immobiliengeschäfte von Notaren in aller Regel eng begleitet werden. Das Problembewusstsein gerade in den rechtsberatenden und vermögensverwaltenden Berufsgruppen "entspricht nicht der hohen Risikolage", mahnte Bussmann.

Die Bundesregierung will nun mit den Anwalts- und Notarkammern über den Aufbau eines eigenen Aufsichtssystems sprechen, um der Geldwäsche auf Anderkonten Herr zu werden. Die Kammern haben bereits Entgegenkommen signalisiert. Bussmann empfahl der Regierung auch, in mittleren und größeren Unternehmen Geldwäschebeauftragte vorzuschreiben.

Zudem müsse eine gesetzliche Obergrenze für Bargeldgeschäfte eingeführt werden, die zwischen 2000 und 5000 Euro liegen solle. "Ein Einfallstor für Geldwäsche ist eindeutig die Bezahlung mit großen Bargeldsummen", sagte Bussmann.

Die Bundesregierung will dieser Empfehlung folgen und eine Obergrenze für Bargeldzahlungen von 5000 Euro einführen. Man wäre damit nicht allein. In zwölf Staaten in Europa gibt es bereits Höchstgrenzen für Bargeldzahlungen. In Spanien etwa gilt seit 2012 bei Barzahlungen eine Obergrenze von 2500 Euro, sofern einer der an einem Geschäft Beteiligten Unternehmer oder Freiberufler ist. Kann der Zahler nachweisen, dass er in Spanien steuerlich nicht veranlagt und kein Unternehmer ist, gilt eine Obergrenze von 15.000 Euro. In Italien gilt seit diesem Januar eine Begrenzung von 3000 Euro, zuvor waren es 1000 Euro. Die Anhebung soll Dienstleistungen in der wichtigen Tourismusbranche erleichtern.

Glaubt man Deutsche-Bank-Chef John Cryan, ist Bargeld ohnehin ein Auslaufmodell. "Cash ist fürchterlich teuer und ineffizient", urteilte der Brite beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller warnt hingegen: "Der Einstieg in den Ausstieg vom Bargeld öffnet das Tor für eine absolute Kontrolle der Verbraucher."

(mar)
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