Essen/Köln Folgen der Deutschen Warenhaus AG

Essen/Köln · Die Idee, Kaufhof und Karstadt zu einem Unternehmen zu fusionieren, gibt es bereits seit zehn Jahren. Experten sehen das als letzte Chance im Kampf gegen den Online-Handel - wenn das Kartellamt mitspielt.

Zur Glanzzeit des Warenhauses lockten Karstadt, Kaufhof, Hertie, Horten und Wertheim die Deutschen mit einer Wundertüte von Waren - mit Knöpfen, Kleidern, Küchengeräten. Doch dann kamen die Einkaufszentren mit ihren Fachgeschäften, die Outlet-Center und der Online-Handel. Die Warenhäuser suchten ihr Heil im Schrumpfen, Sparen, Fusionieren. Nun könnte mit der Übernahme von Kaufhof durch Karstadt das letzte Kapitel deutscher Kaufhausgeschichte aufgeschlagen werden.

Was hat René Benko vor? Der Karstadt-Eigentümer, der einst ohne Matura von der Schule ging und es als Immobilienmanager zu einem der zehn reichsten Österreicher brachte, hat bereits 2015 versucht, den Kaufhof zu übernehmen. Das soll daran gescheitert sein, dass die Chemie zwischen Benko und Olaf Koch, Chef der damaligen Kaufhof-Mutter Metro, nicht stimmte, wie es in der Branche heißt. Benko übernahm dann Karstadt und versucht nun erneut, den Kaufhof zu schlucken. Der 40-Jährige verfolgt schon länger die Idee der Deutschen Warenhaus AG, in der beide Riesen aufgehen. Kritiker vermuten dagegen, dass Benko gar nicht am Einzelhandel an sich interessiert ist. "Letztlich geht es Benko nur um die Immobilien", sagt Handelsexperte Gerrit Heinemann. Das könnte auch das Angebot erklären: Die Kaufhof-Immobilien werden laut Branche mit 2,7 Milliarden Euro bewertet, Benkos Angebot von geschätzt drei Milliarden Euro liegt kaum darüber.

Kann Benko zahlen? Die Kaufhof-Mutter, die kanadische Hudson's Bay Company (HBC), kritisierte zunächst, Benkos Angebot sage nichts zur Finanzierung. Allerdings hat Benkos Immobilien-Tochter erst vor kurzem ihr Eigenkapital um eine Milliarde Euro erhöht, um Spielraum für Zukäufe zu gewinnen. Zudem ist es bei solchen Übernahmen durchaus beliebt, dem Kaufobjekt selbst die Lasten aufzubürden. So hatte HBC 2015 den Kaufhof vom Düsseldorfer Metro-Konzern übernommen und anschließend den Kaufhof zu kräftigen Mietzahlungen gezwungen. Auch das trägt zur aktuellen Misere von Kaufhof bei

Will HBC überhaupt verkaufen? Offiziell zieren sich die Kanadier noch. Doch sie haben in Deutschland keine glückliche Hand. Der Kaufhof, der lange Zeit besser dastand als Karstadt, kämpft mit Problemen. Nun sollen die Beschäftigten in einen neuen Tarifvertrag mit Gehaltseinbußen und mehr Arbeitszeit gedrängt werden - ein typisches Krisenzeichen. Zudem hat HBC selbst einen aktivistischen Großaktionär (Land and Buildings), der seit Monaten fordert, dass HBC sich von seinem Europa-Geschäft trennt.

Was sagt das Kartellamt? Noch haben die Beteiligten keine Pläne zur Prüfung angemeldet. Das Kartellamt würde sich die milliardenschwere Fusion aber genau ansehen, sagte ein Sprecher der Behörde. Wie immer geht es dabei um den relevanten Markt: Schaut man nur auf den Wettbewerb der Warenhäuser? Der würde bei einer Fusion fast verschwinden. Oder schaut man auf die Konkurrenz durch Online-Handel und (Textil-)Ketten? Dann sähe die Sache ganz anders aus.

Welche Aussichten hat eine Warenhaus AG? Aus Sicht der Warenhäuser wäre sie eine Chance. "Die Fusion ist die letzte Karte, die Karstadt bzw. Kaufhof noch ziehen können. Die Fusion erlaubt es den Unternehmen, erheblich Kosten zu senken", sagt Experte Heinemann. Er betont aber: "Zwei Kranke zusammen machen noch kein gesundes Unternehmen." Damit Karstadt und Kaufhof auf Dauer überleben, müssen sie den Online-Handel kräftig ausbauen. Ob Benko die dazu nötigen Milliarden zur Verfügung stellen würde, sei fraglich. Auf der Kehrseite der Kostenersparnis stehen ohnehin weitere Einschnitte für Beschäftigte und ein weiteres Kaufhaussterben - sowohl in mittelgroßen Städten als auch in Metropolen, wo aus zwei Kaufhäusern eins würde.

(anh)
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