Frankfurt/Düsseldorf Flugtickets werden immer früher gekauft

Frankfurt/Düsseldorf · Die Insolvenz von Air Berlin verknappt das Angebot. Die EU will bis 21. Dezember prüfen, ob Lufthansa Air-Berlin-Teile erhält.

Die Deutsche Lufthansa wehrt sich gegen den Vorwurf, die Insolvenz ihres Wettbewerbers Air Berlin auszunutzen, um die Preise zu erhöhen. Das Unternehmen verkaufe seine Tickets genauso wie vor dem Insolvenzantrag von Air Berlin in 17 verschieden teuren Buchungsklassen, erklärte ein Sprecher bei einer Informationsveranstaltung für Journalisten. Die jeweilige Zahl der zu einem bestimmten Preis angebotenen Tickets pro Maschine sei nicht verändert worden, wurde behauptet. Das sei eine bewusste Entscheidung gewesen, um wichtige Kundengruppen nicht durch neue Höchstpreise zu vergraulen oder an die Bahn zu verlieren. Doch weil mehr Kunden als bisher Flugreisen beim Marktführer buchen, seien die günstigen Tickets eben früher weg.

Branchenkenner wie der Hamburger Unternehmensberater Gerald Wissel halten diese Darstellung allerdings für unvollständig. Lufthansa sei sowieso gut beraten, die Ticketpreise nicht zu extrem ansteigen zu lassen, weil das Unternehmen ja den Kauf von wichtigen Teilen von Air Berlin noch von der Europäische Union genehmigt bekommen will.

Noch wichtiger sei, dass das Reservierungssystem so programmiert sei, dass es auf jeder Route immer den höchstmöglichen Ertrag beim Ticketverkauf bringe. Wissel: "Wäre das anders, müsste Lufthansa gezielt günstige Tickets für einen Flug anbieten, obwohl teure Tickets verkauft werden könnten. Ich kann eine solche Strategie nicht sehen."

Derweil versucht Lufthansa weiterhin, die zeitweise sehr hohe Nachfrage mit zusätzlichen Kapazitäten zu decken. Bekanntermaßen fliegt ein Jumbo-Jet Boeing 747 die Route Frankfurt-Berlin. Von Berlin aus fliegt in den Tagen vor Weihnachten ein Airbus A 340 nach München und zurück - in beiden Fällen hilft dies dem Konzern, seine Langstreckenjets ab Frankfurt und München mit Passagieren aus der Hauptstadt aufzufüllen.

Auch ab Düsseldorf würden teilweise die Kapazitäten hochgefahren, berichtet der Konzern: So sei es durch den Einsatz größerer Maschinen gelungen, jeweils rund ein Drittel der Kapazität zu ersetzen, die Air Berlin früher vom Rhein aus nach München, Wien und Zürich angeboten habe. Umgekehrt bedeutet dies: Das Angebot auf allen diesen Routen ist noch immer viel geringer als vor der Insolvenz von Air Berlin.

Hinzu kommt: Der Lufthansa-Ableger Eurowings konnte seine Kapazitäten mangels freier Flugzeuge nur sehr begrenzt hochfahren - der Mangel von Düsseldorf nach Hamburg oder Berlin ist damit also besonders groß, weil diese Strecken von Eurowings bedient werden.

Die Europäische Union (EU) hat die Frist verlängert,innerhalb der sie die Übernahme großer Teile von Air Berlin durch Lufthansa prüfen will. Nun soll die Entscheidung erst am 21. Dezember fallen statt wie geplant nächste Woche. Der Grund dafür ist, dass Lufthansa eine Reihe von Zugeständnissen angeboten hat, die nun diskutiert werden.

Dabei hätte die EU am liebsten, dass Lufthansa ganz auf den Kauf des Air-Berlin-Ablegers Niki verzichtet. Als Minimum müssen Streckenrechte auf vielen wichtigen Routen abgegeben werden. "Die EU wird das Angebot von Lufthansa sehr genau prüfen", sagte Kartellamts-Chef Andreas Mundt unserer Redaktion. Er ergänzt: "Es geht ja um einen für die Kunden sehr wichtigen Markt. Wir als Bundeskartellamt sind da in engem Austausch mit der EU."

Die EU schaut sich gerade die Situation in Düsseldorf genau an. Denn während nach Berlin als zweitem früheren Hauptstandort von Air Berlin der britische Billigflieger Easyjet kommen soll und auch Ryanair sich um dortige freie Streckenrechte bewirbt,ist Eurowings am Rhein bisher der einzige Käufer. Als Ergebnis würden Eurowings und die Lufthansa am Rhein mehr als die Hälfte aller Flüge kontrollieren. Nach Mallorca läge der Marktanteil ohne Verzicht auf Strecken bei 70 Prozent, nach Berlin, Hamburg und Nürnberg gäbe es ein Monopol.

(RP)
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