Niedrigzinsphase Düstere Aussichten für Sparer

Düsseldorf · Ein Ende der Niedrigzinsphase ist nicht in Sicht. Womöglich steigen die Zinsen erst in drei bis vier Jahren wieder.

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Foto: dpa

Vor drei Wochen verblüfte Mario Draghi, der italienische Chef der Europäischen Zentralbank, mit der Erkenntnis, dass deutsche Sparer von Niedrigzinsen profitierten, weil dadurch die Wirtschaft belebt werde und Jobs geschaffen würden. Vermutlich haben jene, denen er die Vorteile seiner Geldpolitik vermitteln wollte, eher ungläubig gestaunt als Zustimmung signalisiert. Am Donnerstag dürften sie auf jeden Fall enttäuscht gewesen sein, weil das Ende der milliardenschweren Anleihekäufe durch die Notenbank nicht absehbar ist. Über das weitere Vorgehen wird wohl am 8. Dezember entschieden.

Mittlerweile hält die Notenbank sogar Ramschanleihen, nachdem die Ratingagentur Standard & Poor's das Rating des Düngemittelkonzerns K+S auf "BB+" gesenkt hat. Ein EZB-Sprecher wollte sich nicht dazu äußern, was die Notenbank nun tun will. Eigentlich müssen Anleihen den "Investment Grade" haben, wenn die EZB sie kauft.

Die Sparer sind frustriert

So oder so: Sparer sind frustriert. Denn das Milliardenprogramm drückt auch beispielsweise auf die Renditen von Bundesanleihen, bei denen Anleger seit geraumer Zeit darauf hoffen, dass sie mit den Bundespapieren endlich wieder Geld verdienen können. Ein Ende der Niedrigzinsphase ist nicht in Sicht, weil beispielsweise das hoch verschuldete Heimatland Draghis auf die niedrigen Zinsen angewiesen ist. Experten wie Marcel Fratzscher, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW, erwarten eine Zinssteigerung erst in drei bis vier Jahren.

Düstere Aussichten. Der Weltspartag, der in diesem Jahr am kommenden Freitag stattfindet, macht das wieder einmal schmerzlich bewusst - auch, weil er die Erinnerung wachruft an Zeiten, in denen man mit Festgeldanlagen vier, fünf oder sechs Prozent Zinsen bekam. Alles Vergangenheit. "Wie wollen Sie heute Kindern den Sinn des Sparens erklären, wenn am Ende des Jahres keine Zinsen gezahlt werden?", hat jüngst die Chefin von HSBC Deutschland, Carola Gräfin von Schmettow, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa gefragt. Eine rhetorische Frage - die allerdings ausblendet, dass Sparen ja nicht in erster Linie dem Zinsgewinn, sondern dem Beiseitelegen geschuldet ist - für besondere Anschaffungen, für schlechte Zeiten, fürs Alter. Das haben viele vergessen, auch wenn die Sparquote in den ersten sechs Monaten dieses Jahres stabil bei etwa 9,7 Prozent lag.

Wer Rendite sehen will, muss Risiko eingehen. Aber obwohl die Deutschen über mangelnde Verzinsung stöhnen und beklagen, dass ihnen selbst eine extrem niedrige Inflationsrate ihr Erspartes real wegfrisst, setzen sie bei der Geldanlage vorwiegend auf Sicherheit. Mehr als zwei Billionen Euro Geldvermögen bestehen aus Bargeld und wenig rentablen Einlagen bei Banken und Sparkassen. Das sind immerhin annähernd zwei Fünftel des gesamten Geldvermögens. Zum Vergleich: Der Anteil der Aktien am gesamten Geldvermögen macht bei rund 545 Milliarden Euro gerade mal etwas mehr als zehn Prozent des Gesamtvolumens aus.

Die Angst vieler Deutscher vor der Aktie ist indes schwer zusammenzubringen mit ihrer Angst vor Negativzinsen bei ihrer eigenen Bank. Die ist nämlich groß. Laut einer aktuellen Emnid-Umfrage befürchten vier von zehn Bundesbürgern, dass ihre Bank in Zukunft Strafzinsen von ihnen verlangen wird.

(RP)
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