Kalte Progression So viel Steuern sparen Sie 2016

Berlin · Die Koalition will die Bürger durch den Abbau der kalten Progression um gut 1,4 Milliarden Euro pro Jahr entlasten. Auch der Grundfreibetrag steigt. Normalverdienern bringt das im Schnitt 100 Euro.

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Foto: Radowski

Die große Koalition drückt bei den Steuern jetzt aufs Tempo: Bundestag und Bundesrat sollen die ab 2016 geplanten geringen Steuererleichterungen noch vor der Sommerpause beschließen. Union und SPD haben deshalb jetzt einen Änderungsantrag für das bereits laufende Gesetzgebungsverfahren zur Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags vorgelegt, der unserer Redaktion vorliegt. Demnach sollen die Bürger durch den Abbau der kalten Progression ab 2016 jedes Jahr um 1,435 Milliarden Euro entlastet werden. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll demnach künftig erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 53.666 Euro gelten, die Reichensteuer mit dem Spitzensteuersatz von 45 Prozent ab 254.447 Euro. Bislang lagen die Grenzen bei 52 882 Euro (42 Prozent) und 250.731 Euro (45 Prozent).

Von kalter Progression spricht man, wenn etwa eine moderate Gehaltserhöhung nur die Inflation ausgleicht, der Arbeitnehmer durch sie aber in einen höheren Einkommensteuertarif rutscht. So muss er mehr Steuern zahlen (Progressionseffekt) und verliert dadurch Geld trotz seiner Gehaltserhöhung. Allein durch die kalte Progression gingen den Steuerzahlern 2013 im Durchschnitt 16 Euro verloren.

Diese seit Jahren anfallenden "heimlichen" Steuererhöhungen will die Koalition ab 2016 nun teilweise ausgleichen. "Zum Abbau der kalten Progression werden die Tarifeckwerte um die kumulierte Inflationsrate der Jahre 2014 und 2015 (insgesamt 1,482 Prozent) nach rechts verschoben", heißt es in dem Antrag. Die Änderung des Einkommensteuertarifs sei "erstmals für den Veranlagungszeitraum 2016 und den Lohnsteuerabzug 2016 anzuwenden". Die Neuregelung führe zu steuerlichen Mindereinnahmen von 1,365 Milliarden Euro bei der Einkommensteuer und 70 Millionen Euro beim Solidaritätszuschlag.

Zugleich hebt die Koalition den Grundfreibetrag von 8472 Euro im Jahr 2015 auf 8652 Euro 2016 an. Zusammen mit dem Abbau der kalten Progression ergibt sich für einen Durchschnittsverdiener mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 40.000 Euro eine jährliche Entlastung von 97 Euro oder von 8,09 Euro pro Monat, wie das Steuerzahlerinstitut des Bundes der Steuerzahler ausgerechnet hat.

Das Gesetz soll bereits am 19. Juni vom Bundestag verabschiedet werden. Damit auch die Länder zustimmen, soll der Abbau der kalten Progression Teil eines Gesamtpakets sein, das Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 18. Juni beim Treffen mit den Ministerpräsidenten auf den Tisch legen will. Hauptthema wird die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen sein, für die der Bund den Ländern ab 2020 zusätzlich mindestens sieben Milliarden Euro aus seinem Etat verspricht — ein Gesamtpaket, das die Länder nicht ablehnen können. Der Bundesrat soll der Steuererleichterung am 10. Juli zustimmen. Die Entlastungen sind begrenzt und werden nach 2016 vorerst nicht weiter erhöht. "Ein wichtiger Anfang ist zwar gemacht. Aber das Parlament sollte jetzt Nägel mit Köpfen machen und den Tarif regelmäßig an die Inflation anpassen", verlangt der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel.

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Kritik kommt auch von den Grünen. "Wir stehen einer gerechteren Verteilung der Steuerlast nicht entgegen. Die Regierung tut aber genau das Gegenteil. Mit seinen aktuellen Reformplänen verschärft der Finanzminister ohne Not die soziale Ungleichheit", sagte Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus. "Durch den Abbau der kalten Progression erhalten Reiche größere Steuerentlastungen, während Menschen mit kleinen Einkommen kaum profitieren." Allerdings wollen auch die Grünen in den Ländern, die mittlerweile in neun Landesregierungen vertreten sind, den Steuerentlastungen im Bundesrat voraussichtlich zustimmen.

(mar)
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