US-Notenbank Die Fed scheut den Zinsschritt

Washington · Die Monate der Ungewissheit gehen weiter. Die US-Notenbank belässt den Zins auf seinem historischen Tiefstand.

 Die US-Notenbank in Washington.

Die US-Notenbank in Washington.

Foto: dpa

Bis Donnerstagabend war die Antwort auf die Frage, ob die US-Notenbank Fed die Zinsen erhöhen würde, eines der bestgehüteten Geheimnisse an den Finanzmärkten. Die einen waren für eine Anhebung, weil sie die Gefahr sahen, die amerikanische Konjunktur könnte überhitzen und es könnte Spekulationsblasen an den Aktien- und Immobilienmärkten geben. Die anderen sprachen sich dagegen aus - mit dem Argument, die wirtschaftliche Erholung sei noch nicht nachhaltig; Investitionen könnten ausbleiben, wenn Kredite für Firmen und Privatverbraucher teurer würden. Janet Yellen, die Chefin der amerikanischen Notenbank, hatte in den zurückliegenden Tagen weitgehend geschwiegen oder sich in Aussagen ergangen, die keine sichere Interpretation zuließen.

Gestern Abend lüfteten Yellen und ihre Kollegen im Offenmarktausschuss der Fed den Schleier: Die US-Notenbank scheut vor der ersten Erhöhung der Leitzinsen seit fast einem Jahrzehnt zurück. Der Schlüsselsatz für die Versorgung des Finanzsystems mit Geld bleibt in einer Spanne von null bis 0,25 Prozent. Das Führungsgremium der Notenbank war sich weitgehend einig, dass die Zeit noch nicht reif für eine Erhöhung ist: Die Entscheidung fiel mit neun zu eins Stimmen. Nur der als Verfechter einer straffen geldpolitischen Linie bekannte Zentralbanker Jeffrey Lacker stimmte dagegen.

Vollzieht Yellen die Zinswende bis Jahresende?

Seit dem Höhepunkt der internationalen Finanzkrise Ende 2008 liegt der Leitzins bei nahe null. Die Notenbank hat jedoch eine geldpolitische Straffung noch für 2015 in Aussicht gestellt - es wäre die erste seit Juni 2006. Viele Beobachter rechnen damit, dass Yellen die Zinswende nun zum Jahresende vollziehen wird. Die Notenbanker selbst planen einen Zinsschritt noch in diesem Jahr ein: In den Prognosen der Währungshüter wird für Ende 2015 im Mittel ein Zinsniveau von 0,375 Prozent veranschlagt. Zugleich blicken sie etwas optimistischer auf die Konjunktur: Für dieses Jahr erwarten sie ein Wachstum von 2,1 Prozent. Noch im Juni hatten die Fed-Führungsmitglieder erwartet, dass das Bruttoinlandsprodukt nur um 1,9 Prozent zulegen würde.

Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, kritisierte das Vorgehen der amerikanischen Währungshüter: "Die Entscheidung der US-Notenbank ist enttäuschend und nicht konsequent", sagte der Ökonom am Abend. Die Fed habe sich vom großen Druck der Finanzmärkte beeindrucken lassen. "Eine Nullzinspolitik ist nicht mehr angebracht", so Fratzscher.

Annäherung der Inflation an den Zielwert

Dagegen erklärte Yellen, eine Zinsanhebung erfordere weitere Verbesserungen am Arbeitsmarkt und eine Annäherung der Inflation an den Zielwert von zwei Prozent. Yellen verwies auf außenwirtschaftliche Risiken und Turbulenzen an den Finanzmärkten. "Globale wirtschaftliche und finanzielle Entwicklungen könnten die Konjunktur bremsen."

Die oberste US-Währungshüterin nannten keinen konkreten Zeitpunkt für eine Zinswende, machte aber klar, dass die meisten Mitglieder des geldpolitischen Rates die Zinswende noch in diesem Jahr erwarten. Auch die nächste Fed-Sitzung im Oktober sei dafür nicht auszuschließen. Die Notenbankchefin bekräftigte damit frühere Aussagen. Mit Beginn der Zinswende dürfte die Erhöhung dann moderat ausfallen.

(gw/maxi)
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