Eigenverantwortung der Ex-Eheleute Anwaltverein fordert Unterhaltsbegrenzung für Geschiedene

Berlin · Das hierzulande geltende Unterhaltsrecht ist dem Deutschen Anwaltverein zufolge reformbedürftig. Demnach sollen die Unterhaltsansprüche geschiedener Eheleute weiter beschnitten werden.

 Jede dritte Ehe in Deutschland endet mit einem Scheidungsbeschluss wie diesem (Archivfoto).

Jede dritte Ehe in Deutschland endet mit einem Scheidungsbeschluss wie diesem (Archivfoto).

Foto: dpa, fpt vfd dna tba

Eine Ehe in Deutschland hält im Durchschnitt knapp 15 Jahre, jede dritte wird geschieden. Danach sind oft Frauen auf den Unterhalt ihrer Ex-Partner angewiesen, um sich und ihre Kinder durchzubringen. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) fordert jetzt, diese Unterhaltsansprüche zu begrenzen.

Das geltende Recht setze zu wenig Anreize für Geschiedene, nach einer gescheiterten Ehe eigenverantwortlich ihre Zukunft zu gestalten, sagte der Vorsitzende des DAV-Ausschusses Familienrecht, Wolfgang Schwackenberg, der Deutschen Presse-Agentur. "Das derzeitige Regelwerk festigt wechselseitige Abhängigkeiten."

Schwackenberg schlug vor, den lebenslangen Unterhalt nur noch als Ausnahme vorzusehen. "Der befristete Unterhalt sollte hingegen zur Regel werden." Darüber hinaus müsse der Gesetzgeber den Rechtsbereich vereinfachen - und damit auch mehr Planbarkeit ermöglichen. Denn das deutsche Unterhaltsrecht sei im europäischen Vergleich "äußerst kompliziert".

Die Bundesvorsitzende des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter, Erika Biehn, widersprach den Forderungen des DAV. "Das ist kein guter Vorschlag, insbesondere für Frauen und Mütter", sagte Biehn der dpa. Unter dem Vorwand, zu vereinfachen und damit Kosten zu senken, dürfe die Situation geschiedener Frauen keinesfalls noch weiter verschlechtert werden.

Biehn sagte, Alleinerziehende wollten finanziell gerne auf eigenen Füßen stehen, doch stünden dem praktisch oft gesellschaftliche Rahmenbedingungen im Weg. So fehle es an flexibler Kinderbetreuung, familienfreundlichen Arbeitsverhältnissen sowie einer gleichmäßigen Aufteilung der Hausarbeit und Kinderbetreuung in Paarfamilien. "Die Folgen kennen wir: Eine massive Armutsgefährdung Alleinerziehender und ihrer Kinder von 44 Prozent."

Derzeit beziehen rund 39 Prozent aller Haushalte von Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern Hartz IV. "Diese Mütter leben mit ihren Kindern überwiegend in sehr bescheidenen Lebensverhältnissen und rackern sich täglich ab, um sich und ihre Kinder über die Runden zu bringen", erklärte Biehn dazu.

Im Jahr 2014 gab es 2,7 Millionen Alleinerziehende. 60 Prozent davon - fast ausschließlich Frauen - hatten minderjährige Kinder zu betreuen. Gegenüber 2004 ist ihre Zahl um rund vier Prozent gestiegen.

Schon mit der Unterhaltsrechtsreform von 2008 wurde das Prinzip der Eigenverantwortung von Ehegatten eingeführt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dazu müssen sich Alleinerziehende nach dem 3.
Lebensjahr des Kindes eine Vollzeitstelle suchen.

Konkret schlägt der DAV vor, die zurzeit sieben Unterhaltstatbestände auf drei einzudampfen. Demnach dürfte etwa der betreuende Elternteil, also meist die Frau, in den ersten drei Jahren nach der Geburt keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Mache sie es doch, würden Einkünfte daraus auf den Unterhaltsanspruch nicht angerechnet.

(kess/dpa)
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