Manipulationsskandal EU-Staaten einigen sich auf strengere Abgastests bei Autos

Brüssel · Die Mehrheit der EU-Staaten hat sich für strengere Regeln bei Abgastests und Typgenehmigungen von Autos ausgesprochen. Hintergrund der Pläne sind der Skandal um Abgasmanipulationen sowie der Schutz der Bürger vor Schadstoffen in der Luft.

 Auspuff eines Dieselfahrzeugs (Symbolbild).

Auspuff eines Dieselfahrzeugs (Symbolbild).

Foto: dpa

Die Länder einigten sich am Montag gegen die Vorbehalte Deutschlands mit qualifizierter Mehrheit darauf, dass die EU-Kommission mehr Aufsichtsrechte erhalten soll und bei Manipulationen von Abgastests Strafen verhängen kann. Die Position muss noch mit dem EU-Parlament abgestimmt werden, bevor die neuen Regeln Gesetz werden können.

Der deutsche Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig forderte in Brüssel eine Reihe von Änderungen, darunter die Einrichtung einer Clearingstelle für Streitfälle zwischen Mitgliedsländern sowie eine genauere Definition einer illegalen Abschalteinrichtung. "Die Bundesregierung rät eindringlich zu einer weiteren Präzisierung des Vorschlages, um das Verfahren der Typgenehmigung und der Marktüberwachung künftig klar, präzise und anwendbar zu gestalten", sagte Machnig im EU-Rat. Sollte dies in der Vertretung der Mitgliedsländer nicht berücksichtigt werden, so hoffe die Bundesregierung auf die weiteren Verhandlungen mit dem EU-Parlament.

Am Ende sperrte sich Deutschland aber nicht mehr offen gegen den Kompromissvorschlag der maltesischen EU-Ratspräsidentschaft. In der Bundesregierung hatte es über das Thema EU-Abgastests Streit zwischen dem SPD-geführten Umweltministerium und dem Verkehrsressort unter CSU-Minister Alexander Dobrindt gegeben.

Die EU führt ab Ende 2017 neue Tests ein, die den Verbrauch und Schadstoffausstoß im Alltagsbetrieb wiedergeben sollen. Um die Kontrollmechanismen dafür drehen sich die aktuellen Diskussionen. Hintergrund der Pläne sind der Skandal um Abgasmanipulationen bei Volkswagen sowie der Schutz der Bürger und der Umwelt vor Gefahren durch den Schadstoffausstoß.

Nach geltendem EU-Recht müssen nationale Behörden prüfen, ob ein Fahrzeugtyp die EU-Normen erfüllt, bevor die Autos in den Ländern verkauft werden dürfen. Verstößt ein Hersteller gegen rechtliche Verpflichtungen, müssen die nationalen Behörden aktiv werden - etwa durch angeordnete Rückrufe oder Sanktionen. Die EU-Kommission soll nun mehr Befugnisse erhalten, diese Maßnahmen zu überwachen und durchzusetzen.

Malta hatte Anfang Mai als EU-Ratspräsidentschaft einen Kompromiss vorgelegt, wonach die Brüsseler Behörde bei Manipulationen von Abgastests unter anderem Strafen von bis zu 30.000 Euro pro Pkw für die Hersteller erheben kann. Auch andere Mitgliedsländer sollen die Entscheidungen von Zulassungsbehörden wie dem deutschen Kraftfahrtbundesamt künftig prüfen können.

Die EU-Kommission hat bereits Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, Großbritannien und fünf andere Staaten eingeleitet, weil die dortigen Stellen nicht energisch genug gegen Verstöße bei Abgastests vorgegangen sein sollen. Gegen Italien wurde Mitte Mai ebenfalls ein Verfahren wegen möglicher Manipulationen bei Fiat-Chrysler gestartet.

Der ADAC indes hat Autofahrern angesichts möglicher Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zu Gelassenheit geraten. Das Wichtigste sei jetzt, "Ruhe zu bewahren und nicht ohne Not einen aktuellen Diesel zu verkaufen", sagte der Geschäftsführer des Automobilclubs, Alexander Möller, der Wirtschaftszeitung "Automobilwoche". So stünden viele Entscheidungen der Kommunen noch aus, für eine blaue Plakette gebe es noch keine gesetzliche Grundlage und auch über die Zulässigkeit einzelner Fahrverbote müsse noch die Justiz entscheiden.

Wer sicher sei, künftig regelmäßig in eine Umweltzone zu fahren, sollte sich den Empfehlungen des ADAC zufolge für einen Euro 6-Diesel entscheiden. Im Gegenzug wäre für die ausschließliche Nutzung in ländlichen Regionen auch ein Euro 5-Diesel denkbar, sagte Möller. Viele Autos der Grenzwertstufe Euro 5 seien sauberer als einige Pkw der Grenzwertstufe Euro 6, fügte er hinzu.

In vielen deutschen Städten und Gemeinden liegt die vor allem von Dieselfahrzeugen verursachte Belastung mit Stickstoffdioxid über den seit 2010 geltenden Grenzwerten. Mehrere Bundesländer und Umweltschützer fordern daher als Maßnahme für bessere Luft die blaue Plakette, mit der Städte schmutzige Dieselautos aus besonders belasteten Stadtteilen fernhalten können. Baden-Württembergs Landesregierung hat in Stuttgart ein Fahrverbot für ältere Diesel-Fahrzeuge ab 2018 bei Feinstaubalarm verhängt.

(oko/reu/AFP)
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