Brüssel EU-Kommission nimmt Ikea ins Visier

Brüssel · Das Steuersparmodell des schwedischen Möbelhauses steht schon seit Längerem in der Kritik. Nun will Brüssel es auf seine Rechtmäßigkeit hin untersuchen. In der Kritik stehen dabei auch die Niederlande.

Der Kreuzzug der dänischen EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager gegen die Steuervermeidungs-Praxis von Großkonzernen geht in die nächste Runde. Nach Apple, Starbucks, Fiat und Amazon knöpfte sich Verstager gestern das weltgrößte Möbelhaus Ikea wegen möglicherweise unzulässiger Steuervermeidung vor.

Nach Angaben der EU-Behörden soll sich Ikea dafür ein Franchise-Modell zunutzegemacht haben. Demnach mussten die weltweiten Ikea-Filialen eine Franchisegebühr in Höhe von drei Prozent des Umsatzes an eine in den Niederlanden beheimatete Tochterfirma namens Inter Ikea Systems entrichten. Im Gegenzug erhielten sie die Erlaubnis, die Ikea-Marke und entsprechendes Know-how zu nutzen. Die Behörden in den Niederlanden sollen allerdings die Erlaubnis erteilt haben, dass ein Großteil der Einnahmen an ein weiteres Unternehmen mit Sitz in Luxemburg weitergereicht wurde, wo sie jedoch aufgrund der dortigen Rechtslage nicht versteuert wurden.

Die Niederlande und Luxemburg werden - genau wie Malta, Irland und Liechtenstein - immer wieder im Zusammenhang mit Steuervermeidung innerhalb der EU genannt. Die Regierung in Den Haag kündigte gestern an, mit den Wettbewerbshütern in Brüssel zusammenzuarbeiten. Finanzstaatssekretär Menno Snel sagte, er werde eine unabhängige Kommission zur Untersuchung der Vorfälle einsetzen.

Laut einem Bericht der europäischen Grünen aus dem vergangenen Jahr soll Ikea mit seinem Firmen-Konstrukt zwischen 2009 und 2014 Steuern in Höhe von einer Milliarde Euro gespart haben. Der Europa-Abgeordnete der Grünen, Sven Giegold, sagte: "Ikeas System zur Steuervermeidung ist so ausgeklügelt wie eine Bauanleitung für seine Möbel. Der Möbelkonzern bedient sich an Steuerschlupflöchern in Europa wie in einem Baukasten."

Der schwedische Konzern wies die Vorwürfe zurück. "Die Art und Weise, wie wir von den nationalen Behörden besteuert wurden, steht unseres Erachtens im Einklang mit den EU-Vorschriften", teilte Ikea mit. Die von den EU-Wettbewerbehütern angekündigte Prüfung könne Klarheit bringen und das bestätigen.

Das Bundesfinanzministerium wollte sich zwar nicht konkret zum Fall Ikea äußern, signalisierte jedoch grundsätzliche Unterstützung für das Vorgehen der EU-Kommission. "Generell gilt, dass sich die Bundesregierung mit Nachdruck gegen unfairen Steuerwettbewerb und aggressive Steuergestaltungen einsetzt", sagte ein Ministeriumssprecher. Hier habe es in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gegeben. Er verwies auf eine gemeinsame Initiative der Industrieländerorganisation OECD und der Staatengruppe G20 gegen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen von großen Unternehmen in Niedrigsteuergebiete. "Es ist wichtig, dass diese Beschlüsse auch in der EU umgesetzt werden", sagte der Sprecher. Der EU-Kommission als der "Hüterin der Verträge" komme bei der Überwachung der Fortschritte und der Sicherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen eine besondere Rolle zu.

Grundsätzlich liegt neben möglicher Wettbewerbsbeeinflussung bei der EU-Ermittlung gegen Ikea die Steuergerechtigkeit im Zentrum. Während Konzerne oft Möglichkeiten haben Steuern zu vermeiden und Steuerrabatte in Nationalstaaten erhandeln, können Privathaushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen das nicht. "Alle Unternehmen, ob groß oder klein, multinational oder nicht, sollten ihren gerechten Steueranteil zahlen", betonte Vestager.

Ikea ist keine Aktiengesellschaft, was die Einsichtnahme schwieriger gestaltet. Die Ikea Group, die für Filialen und Verkauf verantwortlich ist, hat im Geschäftsjahr bis August 2016 offiziell 825 Millionen Euro Steuern auf einen Vorsteuergewinn von 3,31 Milliarden Euro bezahlt. Die Schwestergesellschaft Inter Ikea, der die Marke Ikea und das Konzept Ikea gehört, bezahlte auf einen Vorsteuergewinn von 1,15 Milliarden Euro Steuern in Höhe von 241 Millionen Euro. Nun drohen noch Nachzahlungen für mehrere zurückliegende Jahre in Höhe von bis zu einer Milliarde Euro.

(RP)
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