Lahnstein Entscheidende Tarifrunde für Chemie-Industrie

Lahnstein · In Lahnstein wollen Arbeitgeber und Gewerkschaft spätestens morgen zu einem Ergebnis kommen.

Ein kleiner, beschaulicher Luftkurort in Rheinland-Pfalz ist ab heute für zwei Tage Schauplatz für die voraussichtlich entscheidende Verhandlungsrunde in der chemischen Industrie. In Lahnstein, Geburtsort von Ex-Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) und einige Zeit Wohnort von Ex-Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD), wollen der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und die IG Bergbau Chemie Energie zurande kommen. Der Ort ist nicht zufällig gewählt. Anfang der 2000er-Jahre wurden hier gleich mehrere Chemie-Tarifabschlüsse in aufeinanderfolgenden Jahren in trockene Tücher gebracht. Seitdem gibt es das geflügelte Wort vom "Geist von Lahnstein".

Nach der hitzigen Auseinandersetzung des vergangenen Jahres war dieser Geist auch wohl bitter nötig. Im vergangenen Jahr war der Ton zwischen Arbeitgebern und der Gewerkschaft extrem scharf ausgefallen. Erstmals seit den 70er-Jahren schien auch ein Streik in der Branche kein Ding der Unmöglichkeit - wurde jedoch am Ende schließlich doch noch abgewendet. Doch in diesem Jahr haben beide Seiten verbal deutlich abgerüstet. Nahezu schon still und heimlich gingen die ersten Runden über die Bühne. Die Vorlagen lieferten andere Branchen. Die Metall- und Elektroindustrie mit einem zweistufigen Abschluss von 4,8 Prozent für 21 Monate oder der öffentliche Dienst mit 4,75 Prozent für zwei Jahre.

Auch die IG BCE hat diesmal auf sonstige Forderungen verzichtet und sich rein auf die Frage nach höheren Löhnen konzentriert. Für die 550.000 Beschäftigten verlangt sie fünf Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Das haben die Arbeitgeber bereits als zu hoch zurückgewiesen. Aus ihrer Sicht lassen die ökonomischen Rahmenbedingungen keine großen Sprünge beim Entgelt zu. "Die Chemie in Deutschland erwartet auch für 2016 kaum mehr als Stagnation bei Produktion und Umsatz", heißt es beim BAVC. "Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage liegen Arbeitgeber und IG BCE erwartungsgemäß noch weit auseinander", hatte BAVC-Verhandlungsführer Georg Müller nach der jüngsten Verhandlungsrunde gesagt. "Aber ein Kompromiss ist möglich, wenn sich beide Seiten bewegen."

Doch wie könnte eine solche Bewegung aussehen? Orientiert man sich an den Tarifabschlüssen der anderen Branchen, dann ist die wahrscheinlichste Variante die Gewährung einer ordentlichen Lohnerhöhung, diese aber dann zeitlich deutlich gestreckt. Denkbar sind auch sogenannte Flexibilisierungs-Instrumente. So könnten Unternehmen in wirtschaftlich schwierigem Fahrwasser von einem Abschluss zeitlich abweichen.

(maxi)
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