Düsseldorf DRV in der Kritik – Reisebüros fordern neuen Verband

Düsseldorf · Der Deutsche Reiseverband (DRV) steht vor einer Zerreißprobe. Nach Informationen unserer Zeitung fühlen sich rund 2000 deutsche Reisebüros von ihrem wichtigsten Dachverband nicht mehr ausreichend vertreten und bereiten die Gründung einer alternativen Interessenvertretung vor. "Wir planen am 11. September eine zentrale Informationsveranstaltung in Köln, auf der wir über die Alternativen informieren wollen", bestätigte gestern Timo Iserlohe. Der 37-Jährige betreibt ein Reisebüro in Dortmund und ist gemeinsam mit Marjia Linnhoff Organisator der DRV-Opposition. Linnhoff ist Inhaberin eines Reisebüros in Iserlohn. Bislang haben sie ihre Opposition vor allem über die Internet-Plattform Facebook sowie die Internet-Seite www.reisebuero-verband.de organisiert. "Inzwischen sind wir zu viele. Um die Gründung eines Alternativ-Verbandes voranzutreiben, müssen wir uns physisch treffen", so Linnhoff.

Linnhoff, Iserlohe und die anderen Reise-Rebellen werfen dem DRV vor, zu oft die Interessen der Reiseveranstalter zu vertreten – gegen die Interessen der Reisebüros. Linnhoff nennt Beispiele: "Erst wurden die Provisionen für den Verkauf von Lufthansa-Flügen abgeschafft, dann für Bahn-Tickets. Außerdem schrumpfen seit Jahren die Provisionen für Pauschalreisen – und der DRV tut nichts dagegen." Ein weiteres Ärgernis der Reisebüros sind die ausgeklügelten Provisionsmodelle, mit denen viele Veranstalter auch unabhängige Reisebüros zur Konzentration auf den Vertrieb von Produkten nur noch eines Konzerns zwingen, indem sie auskömmliche Provisionen an extrem hohe Mindestumsätze knüpfen.

Den Grund für die mangelnde Gegenwehr des DRV sieht Iserlohe unter anderem in der Zusammensetzung der DRV-Gremien: "In den Schlüsselpositionen wimmelt es von Managern der großen Reiseveranstalter." In der Tat wurde mit Jürgen Büchy jüngst der Vertriebs-Chef der Deutschen Bahn AG zum DRV-Präsidenten gewählt. Neben ihm sitzt im DRV-Präsidium eine Riege von Managern, die sich wie das Who-is-who der deutschen Reisekonzerne liest: Tui-Vertriebschef Hasso von Düring, Thomas-Cook-Manager Peter Frankhauser, Phoenix-Reisen-Manager Johannes Zurnieden, Lufthansa-Manager Otto Schweisgut. Mit Axel Duhr hat sich nur ein Reisebüro-Vertreter in das oberste DRV-Gremium verirrt.

"Wir dürfen gar nicht einseitig die Interessen der Reisebüros vertreten", kontert DRV-Sprecherin Sibylle Scheuch, "wir sind der Dachverband der gesamten Tourismus-Wirtschaft." Speziell die Einflussnahme auf Provisionsverhandlungen sei dem DRV sogar "kartellrechtlich verboten". Die Zusammensetzung der Gremien sei im Übrigen das Ergebnis von Wahlen, "bei denen die Reisebüros sogar die Stimmenmehrheit haben."

Das war nicht immer so. Ursprünglich wurde der DRV als reiner Reisebüro-Dachverband gegründet. Die selbst ernannte Zuständigkeit auch für Veranstalter kam viel später hinzu. Wie viele Reisebüros der DRV heute noch vertritt, wollte die Sprecherin auf Anfrage nicht sagen. Deutschlandweit gibt es 10 400 Reisebüros.

(RP)
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