Athen Drei von fünf Griechen haben keine Vollzeitstelle

Athen · Zwar hat sich vieles verbessert, aber der Durchschnittsverdienst liegt unter 400 Euro. Die EU hat ihre Wachstumsprognose gesenkt.

"Rückkehr zum Wachstum" überschreibt die EU-Kommission das Griechenland gewidmete Kapitel ihres neuen Herbstgutachtens. Nach acht Jahren Rezession hat das Krisenland zwar die Talsohle durchschritten, aber die Konjunktur erholt sich nicht so schnell wie zunächst angenommen. Setzte die Brüsseler Kommission in ihrem Herbstgutachten im vergangenen Jahr das Wirtschaftswachstum noch mit 2,7 Prozent an, erwartet sie in der jüngsten Vorhersage für 2017 nur einen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,6 Prozent. Vor allem das Tauziehen der griechischen Regierung mit den Gläubigern im ersten Halbjahr wirkte als Konjunkturbremse. Private Verbraucher und Investoren hielten sich wegen der politischen Turbulenzen zurück. Ging die EU-Kommission noch vor Jahresfrist von einem Plus bei den Investitionen von 13,7 Prozent aus, erwartet sie jetzt 5,1 Prozent.

Die gute Nachricht: Der Arbeitsmarkt entwickelt sich trotz schwächeren Wirtschaftswachstums besser als erwartet. Die Arbeitslosenzahlen gehen zurück. Für den Monat August meldet die staatliche Statistikbehörde Elstat eine Arbeitslosenquote von 20,6 Prozent. Das ist der niedrigste Stand seit sechs Jahren, zugleich aber immer noch der höchste Wert in der Eurozone. Überdies ist die Unterbeschäftigung beträchtlich: Fast jeder dritte Beschäftigte in der Privatwirtschaft arbeitet lediglich Teilzeit. Der Durchschnittsverdienst liegt knapp unter 400 Euro im Monat. Der Anteil der flexibel Beschäftigten stieg nach Zahlen aus dem griechischen Arbeitsministerium im Oktober auf etwa 62 Prozent - von rund zwei Millionen Arbeitnehmern waren gut 1,2 Millionen ohne Vollzeitarbeitsvertrag beschäftigt. Grund dafür sind neben der von den Gläubigern des Landes geforderten Liberalisierung des Arbeitsmarktes auch die unsichere Wirtschafts- und Finanzlage Griechenlands sowie die hohe Arbeitslosigkeit.

Nach den langen Verzögerungen der beiden zurückliegenden Jahre laufe die Umsetzung des Anpassungsprogramms jetzt aber deutlich zügiger, stellt die EU-Kommission in ihrem Gutachten fest. Bei der Haushaltskonsolidierung liegt Griechenland sogar über Plan. Finanzminister Euklid Tsakalotos wird in diesem Jahr die Vorgabe eines Primärüberschusses (ohne Schuldendienst) von 1,75 Prozent des BIP deutlich übertreffen. Auch das für 2018 mit den Geldgebern vereinbarte Überschuss-Ziel von 3,5 Prozent gilt als erreichbar. Für die beiden kommenden Jahre erwartet die Kommission in Griechenland ein Wirtschaftswachstum von jeweils 2,5 Prozent - vorausgesetzt, Athen setzt die Spar-und Reformvorgaben jetzt zügig um, schließt das Anpassungsprogramm planmäßig Ende August 2018 ab und kann sich dann wieder am Kapitalmarkt refinanzieren.

(RP)
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