Draghi-Nachfolger Merkel will offenbar für Weidmann als EZB-Chef werben

Frankfurt · Führende Vertreter der Bundesregierung wollen sich laut einem Medienbericht für Bundesbankchef Weidmann als künftigen EZB-Präsidenten einsetzen. Doch auch die Franzosen melden Ansprüche auf den Posten an.

 Bundesbankpräsident Jens Weidmann.

Bundesbankpräsident Jens Weidmann.

Foto: Andreas Bretz

Mario Draghi (69) ist als Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) einer der mächtigsten Männer Europas. Seine Amtszeit endet 2019, schon jetzt beginnt die Nachfolge-Debatte. Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) wollen dabei deutsche Ansprüche geltend machen.

Laut "Spiegel" haben sie vor, sich für Bundesbank-Präsident Jens Weidmann (49) einzusetzen. Ihr Argument: Nach einem Niederländer, einem Franzosen und einem Italiener sei es nun an der Zeit, dass ein Deutscher an die EZB-Spitze rücke. Weidmann soll bereit sein, sollte ihm das Amt angetragen werden.

Auf die Frage, wie die Stellenbeschreibung für den EZB-Chef aussehen müsste, hatte Weidmann im März unserer Redaktion gesagt: "Er muss ein guter Geldpolitiker sein mit Blick für das Wesentliche." Zur Frage, ob es ein Deutscher sein dürfe: "Ich fände es eigenartig, wenn man ein Land ausschließt."

Doch auch die Franzosen werben für ihren Notenbank-Präsidenten François Villeroy de Galhau (58). Ihr Argument: Jetzt, wo der europafreundliche Emmanuel Macron als französischer Präsident gewählt worden sei, müsse Europa im Gegenzug Macron stärken. Dazu könne beitragen, das einflussreiche Amt erneut einem Franzosen zu übertragen. Von 2003 bis 2011 hatte Jean-Claude Trichet die EZB geführt.

Für Villeroy de Galhau spricht, dass er die ultralockere Geldpolitik überzeugt mitträgt, mit der die EZB den Krisenstaaten hilft. Weidmann dagegen hat das milliardenschwere Anleihe-Kaufprogramm der EZB oft kritisiert. Ohnehin sind die Deutschen wegen ihrer Sparpolitik in Staaten wie Griechenland unbeliebt.

Andererseits soll Villeroy de Galhau nicht das Format von Trichet haben, heißt es in Berliner Kreisen. Zugleich stehen die Deutschen für gut ein Viertel der Hilfen ein. Am Ende dürfte es darauf ankommen, ob Merkel die Macht-Karte ziehen und Weidmann durchsetzen will. Auch denkbar: Man verständigt sich auf einen Kompromisskandidaten aus Nordeuropa.

(anh/mar)
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