Douglas-Chefin Tina Müller im Interview "Eine Frauenquote auch für Vorstände wäre sinnvoll"

Düsseldorf · Aus der Autobranche in den Beauty-Bereich - ein ungewöhnlicher Wechsel: Die neue Chefin des Parfümerie-Konzerns Douglas, Tina Müller, sprach mit unserer Redaktion über Düfte, Digitalisierung und Frauen in Führungsrollen.

 Douglas-Chefin Müller zu Gast in der Redaktion der "Rheinische Post".

Douglas-Chefin Müller zu Gast in der Redaktion der "Rheinische Post".

Foto: Andreas Krebs

Tina Müller, früher bei Opel Marketing-Vorstand, ist seit Anfang des Monats Chefin bei Douglas.

Alle im Handel reden von Digitalisierung und Cross Channel. Sie auch?

Müller Bei der Digitalisierung im Beauty-Bereich gibt es noch viel Potenzial. Douglas hat aber sehr früh auf Omnichannel gesetzt und ist die Nummer eins im Parfüm-Online-Handel in Deutschland. In den ersten neun Monaten lag der Online-Anteil am Gesamtumsatz bei 14 Prozent. Das wird weiter stark wachsen.

Ein Beispiel für digitalen Wandel?

Müller Auch unsere Stores werden digitalisiert. Wir haben gerade eine Pilotfiliale in Frankfurt eröffnet mit innovativen digitalen Angeboten wie "Virtual Make-up". Man kann ein Foto von sich hochladen und auf dem Bildschirm sehen, wie man zum Beispiel mit einem neuen Augen-Make-up aussieht.

Braucht man noch 1900 Filialen?

Müller Man braucht eine eigene Strategie für sie. Die Frage ist doch: Was kann die Filiale, was online nicht geht? Da ist man im Kosmetik-Bereich sofort beim Thema Beratung, Service und Erlebnis. Die Kunden wollen vor dem Kauf riechen, ausprobieren, erleben. Wir planen einen deutlichen Ausbau unseres Beratungsangebots, das wir "Quick Services" nennen.

Also kein Abbau von Filialen?

Müller Das Filialgeschäft bleibt ein wichtiges Standbein unserer Omnichannel-Strategie. Natürlich werden auch mal einzelne Standorte geschlossen, verlagert oder umgebaut. Aber das ist eine Frage des Standorts, keine strukturelle.

Ist die Marke Douglas nicht angestaubt? Braucht sie mehr Frische?

Müller Nein, Douglas ist nicht angestaubt, aber sie braucht wie alle Marken natürlich von Zeit zu Zeit eine Modernisierung.

Was haben Sie denn vor, um sie noch moderner erscheinen zu lassen?

Müller Wir haben viele Kundinnen, die häufig unterwegs sind. Weil viele Frauen mit dem Zug von Hamburg nach Berlin oder von Frankfurt nach Düsseldorf unterwegs sind, haben wir bei der Deutschen Bahn angefragt, ob es nicht möglich ist, auch einen Beauty-Waggon einzurichten, wo man während der Fahrt eine Maniküre bucht oder ein neues Make-up bekommt. Um Wartezeiten bei Flügen zu überbrücken, könnte ich mir Ähnliches in den Lounges der Lufthansa vorstellen.

Ist Schönheit den Menschen heute mehr wert als früher? Und ist Schönheit im Alter ein Thema?

Müller Auf jeden Fall. Wir sind eine alternde Gesellschaft, die heute 80-Jährigen wirken wie 60, sie sind fitter und gesünder und wollen gut aussehen. Douglas wird in Zukunft die Bereiche Beauty und Gesundheit sehr viel mehr miteinander verknüpfen. Das sind unsere starken Wachstumsmärkte.

Und was ist beim Geschäft mit Millennials?

Müller. Bei jungen Mädchen steigt der Konsum an dekorativer Kosmetik enorm - insgesamt wächst dieses Segment um sieben bis acht Prozent. Alle wollen sich schminken, sie verabreden sich sogar in unseren Filialen, um gemeinsam mit ihren Freudinnen "hippe" Trendmarken vom Lippenstift bis zum Puder auszuprobieren. Und sie kaufen auch - oft für mehr als 40 Euro . . .

. . . aber bleiben die auch Kunden, wenn sie älter werden?

Müller Wenn Millennials älter werden, brauchen sie mehr Pflegeprodukte - das nächste Boom-Segment.

Kaufen Männer inzwischen mehr Cremes und Duftwässerchen?

Müller Wenn es um Bartpflege geht, auf jeden Fall. Das Thema Bart boomt so sehr, dass wir in einem unserer Stores in Frankfurt erstmals einen Barbershop planen. Wenn das Konzept aufgeht, werden weitere große Läden in den Metropolen folgen. Generell wächst der Männer-Markt leider auf relativ niedrigem Niveau.

Wie holen Sie männliche Kunden ab?

Müller Aus meiner Sicht gehören Schönheit und mentale Stärke eng zusammen. Das ist der Hebel, an dem wir in der Kommunikation ansetzen. Frauen schätzen gepflegte Männer sehr. Das könnte sich noch mehr herumsprechen und für entsprechendes Wachstumspotenzial sorgen.

Wo wir schon so viel über Männer geredet haben - wie groß ist der Anteil der Frauen in der Belegschaft?

Müller In unserer internationalen Hauptverwaltung in Düsseldorf - die hat etwa 500 Beschäftigte - ist das Verhältnis 50:50.

Zu wenig Frauen in Führungsrollen - sind Sie für eine Frauenquote?

Müller Ich war immer gegen eine Frauenquote, aber mittlerweile bin ich dafür. Von selbst hat sich vorher nicht genug geändert, aber dann kam die Frauenquote für Aufsichtsräte, und siehe da, es funktioniert. Darüber sollte man mittelfristig auch für operative Vorstandsgremien nachdenken, in denen der Anteil von Frauen noch stark zurückbleibt.

Aber es ist ja nicht so, dass Frauen in jedem Fall blockiert werden. Mitunter geben sie selbst auf.

Müller Ja, das stimmt. Ich treffe mittlerweile häufiger Frauen, die gar nicht mehr nach oben wollen, weil sie auf das politische Taktieren und Agieren in den Gremien keine Lust haben. Eins ist aber sicher: Gute Führung ist weder männlich noch weiblich.

Apropos Führung: Hat man Angst, wenn man plötzlich für 20.000 Mitarbeiter verantwortlich ist?

Müller Nein, wer so einen Job will, darf davor nicht zurückscheuen. Gerade die Gesamtverantwortung hat mich ja gereizt.

Sie waren Marketing-Vorstand bei Opel. Was haben Sie da gelernt, das Sie jetzt bei Douglas nutzen können?

Müller Karl-Thomas Neumann war ein hervorragender Lehrmeister, was interne Kommunikation angeht und die Fähigkeit, wenn es darum geht, die Mitarbeiter auf dem strategischen Kurs mitzunehmen.

Jetzt haben Sie den Finanzinvestor CVC als Haupteigner. Ist da der Renditedruck nicht besonders groß?

Müller Im Gegenteil, das spornt an. Dass ein Investor wie CVC noch stärker als andere an Wertsteigerung interessiert ist, versteht sich von selbst. Aber wir stehen in regelmäßigem Austausch, genauso wie mit Aufsichtsratschef Henning Kreke.

Zurück zum Geschäft. Wie bekommen Sie in der Vorweihnachtszeit noch mehr Leben in die Filialen?

Müller Weihnachten ist für Händler die wichtigste Zeit im Jahr. Im Weihnachtsquartal machen wir ein Drittel des Umsatzes. Neben verpackten Sets starten wir im Dezember in sechs der größten Filialen die Charity-Aktion "Schenken mit Herz". Prominente wie Veronica Ferres, Heiner Lauterbach, Kai Wiesinger oder Bettina Zimmermann packen vor Ort Geschenke der Kunden ein.

Heißt das: Wenn Frau Müller kommt, kommen auch die Promis?

Müller So pauschal würde ich das nicht sagen. Aber natürlich ist das Marketinginstrument, mit Testimonials zu arbeiten, erfolgreich.

Wenn Frau Müller nicht ins Büro kommt, was macht sie dann?

Müller Zum Start habe ich eine Woche in verschiedenen Filialen gearbeitet. Es macht Riesenspaß, Neues kennenzulernen und sich neu einzuarbeiten. Regenerieren ist natürlich wichtig -- physisch und mental. Deswegen freue ich mich auf mein erstes Tennismatch in Düsseldorf.

Das Gespräch führten Michael Bröcker, Dagmar Haas-Pilwat und Georg Winters.

(brö / dh)
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