Karlsruhe dm wirft Dentagard aus dem Regal

Karlsruhe · Der Händler hat die Zahnpasta des Konsumgüterproduzenten Colgate aus dem Regal verbannt - als Reaktion auf dessen Preispolitik.

dm-drogerie Markt wirft Dentagard aus dem Regal
Foto: Carla Schnettler

Eigentlich sollte in dem Regal bei der Drogeriemarktkette dm Zahncreme der Marke Dentagard liegen. Und zwar die Packung mit 100 Millilitern zum Preis von 75 Cent. Doch der Platz im Regal ist gegenwärtig leer. Stattdessen klebt dort ein Schild: "Gleicher Preis bei weniger Inhalt: Da streiken wir! dm." Dann folgt noch die Erklärung: Der Hersteller von Dentagard - der Konsumgüterkonzern Colgate-Palmolive - habe die Inhaltsmenge der Tube von 100 auf 75 Milliliter reduziert, fordere aber weiterhin den bisherigen Preis vom Händler. Da wolle dm im Kundeninteresse nicht mitmachen. Und daher sei die Zahncreme aktuell in den Filialen nicht verfügbar.

Deutschlands größte Drogeriemarktkette stellt mit ihrer Regal-Aktion einen ihrer wichtigsten Lieferanten an den Pranger. Ein spektakulärer Schritt, findet der Marketing-Experte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU in Vallendar. "Der Trick, den Inhalt zu verringern, ohne den Preis zu senken, wird im Handel ja öfter benutzt. Aber dass ein Händler die Kunden explizit darauf aufmerksam macht, dass ein Hersteller das Preis-Leistungsverhältnis verschlechtern will, das ist neu", sagt Fassnacht.

Der Vorsitzende der dm-Geschäftsführung, Erich Harsch, bekräftigt auf Nachfrage: "Wir möchten diese Preiserhöhung nicht an unsere Kunden weitergeben." Es sei der Anspruch, auch in Zukunft "der günstigste Anbieter von Drogeriewaren zu sein", betont Harsch.

Colgate-Palmolive ist diese neue Offenheit aber anscheinend überhaupt nicht geheuer. "Als Hersteller von Konsumgütern ist es ein übliches Vorgehen, Abgabepreise an den Handel an steigende Kosten zum Beispiel für Energie und Rohstoffe anzupassen. Unüblich ist es, uns öffentlich zu Verhandlungen mit unseren Handelspartnern zu äußern", wiegelt das Unternehmen in einer Stellungnahme Nachfragen zu dem Vorgang ab. Und fügt dann noch hinzu: "Wir hoffen darauf, mit dm eine einvernehmliche Lösung zu finden."

Für den Handelsexperten Fassnacht ist die Taktik des Drogeriemarkt-Riesen dm gut nachvollziehbar. Der Schritt unterstütze das Image von dm als ehrlichems Unternehmen und setze Colgate-Palmolive unter Druck, meint er. Tatsächlich ist die Marktmacht mancher Handelskonzerne mittlerweile groß genug, um die Hersteller der Markenprodukte bei den Preisverhandlungen in die Knie zu zwingen. Wahrscheinlich sei auch die Hoffnung damit verbunden, dass die dm-Handelsmarke Dontodent davon profitiere, sagt Fassnacht. Was bedeutet: dm handelt bei dem Dentagard-Boykott nicht nur im Interesse der Kunden, an die es sonst die Preiserhöhung weitergeben würde, sondern versucht gleichzeitig, den Verkauf der Eigenmarke anzuschieben. Dieses Phänomen ist derzeit an vielen Stellen im deutschen Einzelhandel zu beobachten.

Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg begrüßt den Schritt ausdrücklich. Verdeckte Preiserhöhungen seien für viele Verbraucher ein Ärgernis. Sie fühlten sich von den Anbietern über den Tisch gezogen: "Dass da mal ein Händler Position bezieht, finden wir gar nicht so unsympathisch." Allerdings habe auch dm in der Vergangenheit bei ähnlichen Versuchen von anderen Markenartiklern durchaus mitgezogen.

Dass die größte deutsche Drogeriemarktkette jetzt viel aggressiver reagiert, könnte auch mit der jüngsten Offensive des Discount-Marktführers Aldi zu tun haben, der immer mehr Markenprodukte in sein Angebot aufnimmt und damit die Preise auf breiter Front ins Rutschen bringt. "Das sorgt nicht nur bei den klassischen Supermärkten, sondern längst auch bei den Drogerieketten für Nervosität. Umso wichtiger ist es für dm, seinen Ruf als ehrlicher Anbieter mit gutem Preis-Leistungsverhältnis zu verteidigen", meint Fassnacht.

(dpa)
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