Mainz Die große Blamage am Flughafen Hahn

Mainz · Mit dem Verkauf an einen chinesischen Investor wollte die Landesregierung in Rheinland-Pfalz einen Befreiungsschlag landen. Der defizitäre Regionalflughafen sollte eine neue Chance bekommen. Doch dann kam alles anders.

Als Roger Lewentz Anfang Juni zur Pressekonferenz am Flughafen Hahn einlud, war die Welt noch in Ordnung. "Mit der Übernahme durch einen Privatinvestor beginnt ein neues Kapitel für Hahn, das für weiteren Schub bei der Entwicklung des Flughafens sorgen wird", sagte der Innenminister von Rheinland-Pfalz. Es war eine Art Befreiungsschlag, endlich würde das Land den Flughafen loswerden, der immer mehr zur Belastung geworden war. Stattdessen: ein chinesischer Investor, Flüge aus Fernost, vielleicht sogar ein wirtschaftlicher Impuls für die ganze Region.

Einen Monat später ist alles anders: Der Verkauf ist geplatzt, der Investor offenbar alles andere als die große Lösung, als den ihn die Landesregierung präsentiert hatte. Aus dem Befreiungsschlag wurde eine peinliche Posse, bei der nicht nur die Landesregierung, sondern auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG blamiert dasteht, die den Verkauf organisieren sollte.

Gestern kam es im Mainzer Landtag bei einer Sondersitzung zur Aussprache. Denn nach dem Scheitern des Verkaufs des Flughafens an die Shanghai Yiqian Trading Company (SYT) steht Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) nun auch persönlich immer mehr unter Druck. "Ihr Käufer war doch von Anfang an unseriös", warf Oppositions-Chefin Julia Klöckner (CDU) der Regierung vor: Die Adressen kaum mehr als Briefkästen, "Hinterhofbilder" statt seriöser Geschäftsräume, größenwahnsinnig auftretende Bieter - "das ist abenteuerlich". Die Regierung hätte dem Ziel, den Flughafen zu verkaufen, alles untergeordnet.

Dreyer persönlich, aber auch Innenminister Lewentz (SPD) räumten in der von der CDU beantragten Sondersitzung Fehler ein: Es sei "bitter, dass dieser schlimme Fehler passiert ist", sagte Dreyer. "Der zum Zuge gekommene Bieter hatte kriminelle Absichten." Das ergaben offenbar die Recherchen des am Montag spontan nach China gereisten Innen-Staatssekretärs Randolf Stich, der erst gestern gegen acht Uhr wieder in Frankfurt landete. Was der Staatssekretär in China erfuhr, ließ die Ministerpräsidentin von "kriminell" sprechen, den Innenminister gar von "Betrug" - die gesammelten Erkenntnisse, hieß es am Mittag aus der Staatskanzlei, sollten nun aber erst einmal ausgewertet werden.

Für Rheinland-Pfalz wiederholt sich gerade ein wenig die Geschichte. Schon der Verkauf des Nürburgrings sorgte für Schlagzeilen. Die frühere SPD-Regierung unter Ex-Ministerpräsident Kurt Beck hatte dort einen zu großen Freizeitpark bauen lassen, der später Insolvenz anmelden musste. Bis zu einer halben Milliarde Euro an Steuergeld gilt als verloren. Der Versuch der Privatfinanzierung scheiterte 2009, auch da hatte man einen Investor an der Hand, der nicht bezahlte.

Die Landesregierung will nun den Schaden begrenzen. Das soll offenbar durch einen möglichst schnellen Verkauf an die pfälzisch-chinesische Firma ADC geschehen. Quasi über Nacht verkaufte die Regierung die eigentlich SYT zugesagte Housing Area und das Schulungszentrum in Hahn. Lewentz bestätigte, der Kaufvertrag sei unterschrieben, der Kaufpreis - 3,4 Millionen Euro sollen es sein - auf ein Notarkonto überwiesen worden.

Die Koalitionspartner Grüne und FDP erfuhren von dem Deal aus der Zeitung. Trotzdem verteidigten sie gestern das Regierungshandeln und forderten, es müsse jetzt alles getan werden, um den Verkauf zu realisieren und den Flughafen zu retten.

(RP)
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