Frankfurt Die Deutsche Bank tritt auf der Stelle

Frankfurt · Nach dem Rekordverlust von fast sieben Milliarden Euro bittet das Management erneut um einen Vertrauensvorschuss. Aber auch für das nächste Jahr ist ein Minus nicht auszuschließen. Die Börse reagiert mit deutlichen Kursverlusten.

Wenn der Aktienkurs eines Unternehmens der alleinige Maßstab für den Erfolg eines Vorstandsvorsitzenden wäre, dann müsste Deutsche-Bank-Chef John Cryan sein bisheriges Engagement bei Deutschlands größter Bank wohl als Etappe des Scheiterns begreifen. Um 38 Prozent ist der Börsenwert der Bank geschrumpft, seit der Brite 2015 neben Jürgen Fitschen an die Vorstandsspitze gerückt ist. Gestern ist der Kurs noch einmal abgesackt, nachdem das Geldhaus seinen bereits vergangene Woche verkündeten Verlust von fast sieben Milliarden Euro für 2015 im Detail präsentiert hatte. Und auch wenn Cryan solche Zusammenhänge vermutlich nur ungern herstellt ("Wir sollten nicht versuchen, den Aktienkurs zu managen, wir sollten versuchen, die Bank zu managen"), der Druck von Investoren wird nicht kleiner. Dass das Management nach dem Rekordverlust (der noch ein bisschen höher ausfällt als vergangene Woche angedeutet) auf Boni verzichtet, erscheint den meisten eher als selbstverständliche Mäßigung eigener Ansprüche.

"Ich fühle mich persönlich verantwortlich für den Verlust", hat Cryan gestern gesagt. Und er hat das gemacht, was sein Noch-Kompagnon Jürgen Fitschen und sein Vorgänger Anshu Jain schon 2012 nach ihrem Amtsantritt getan hatten - er hat um Geduld beim Umbau gebeten. Nur, dass seither schon wieder dreieinhalb Jahre ins Land gegangen sind und viele nicht das Gefühl haben, der einst stolze Branchenführer sei bei seinen Veränderungen entscheidend vom Fleck gekommen. "Wir arbeiten weiter hart daran, unsere Altlasten zu bereinigen", erklärte Cryan gestern in Frankfurt. "Wir werden über das ganze Jahr hinweg kontinuierlich am Umbau der Bank arbeiten und Investitionen vornehmen."

Doch Cryan lässt sich nicht beirren. Gestern sprach er von "Strategie", die die Bank und dann auch den Kurs wieder hochbringen soll, aber er redete nicht von Visionen. Sein Weg besteht aus vier Etappen: "Einfacher und effizienter" soll die Bank werden, "weniger Risiken" aufnehmen, "besser kapitalisiert" sein. Und alles das brauche "disziplinierte Umsetzung". Große Zukunftsgemälde von der Deutschen Bank kann man von dem Mann im grauen Anzug mit der farblosen dunklen Krawatte wohl nicht erwarten. Er gibt den soliden Reformarbeiter.

Dass die Zahlen des Reformers die Börsianer bedrücken, ist nachvollziehbar. Etwa 12,7 Milliarden Euro hat die Bank seit 2012 für Rechtsstreitigkeiten ausgegeben, allein voriges Jahr 5,2 Milliarden Euro. Und es könne sein, so Cryan, dass 2016 noch ein weiterer "signifikanter" Betrag hinzukomme. Dass die Dividende für 2015 und 2016 ausfällt, war schon bekannt. "Vielleicht" gebe es eine für 2017: "Wait and see" (Abwarten), sagte Cryan. Allerdings sagte Finanzvorstand Marcus Schenck über das kommende Jahr, er könne einen Verlust nicht ausschließen. "Wir streben ihn natürlich nicht an", ergänzte er. Natürlich nicht.

Klarer war schon Cryans Aussage, die Bank werde ohne eine weitere Kapitalerhöhung auskommen. Aber gerade das glaubt ihm die Börse offensichtlich nicht. Denn die Bank hatte zum Dezember eine auf 11,1 Prozent der Bilanzrisiken gesunkene harte Kernkapitalquote gemeldet. Ende des dritten Quartals hatte sie noch bei 11,5 Prozent gelegen.

Der Personalabbau kommt laut Cryan voran. Die Bank will zwar 5000 Stellen schaffen (Informationstechnologie, Aktiengeschäft), zugleich werden aber 14.000 Jobs wegfallen. Im Ergebnis bietet die Bank also 9000 Arbeitsplätze weniger an. Wird die Postbank verkauft, würde die Konzernbelegschaft um knapp 30.000 auf noch 77.000 Beschäftigte schrumpfen. Im Inland ist sie dabei, 200 Filialen zu schließen, vor allem in den Städten. "Wir werden die Fläche nicht vernachlässigen", versicherte Co-Chef Fitschen, also auch in kleineren Städten präsent bleiben. Das digitale Bankgeschäft werde wachsen.

Was die Postbank angeht, ist eine schnelle Trennung wohl nicht zu erwarten. Diese werde wahrscheinlich in zwei, drei Schritten erfolgen, um mehr als 50 Prozent der Bonner Bank an die Börse zu bringen, sagte Finanzvorstand Schenck. Die Mehrheit gleich im ersten Schritt abzugeben, sei "sehr ambitioniert". Ziel sei, die Postbank spätestes 2018 nicht mehr in der Bilanz der Deutschen Bank konsolidieren zu müssen.

(RP)
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