Berlin Bahn macht Pofalla schon jetzt zum Vorstand

Berlin · Rüdiger Grube baut die Deutsche Bahn radikal um. Vier der sechs Vorstände müssen gehen. Im Aufsichtsrat regt sich Kritik, weil der frühere Kanzleramtsminister schon jetzt aufsteigt und sein Vorgänger den Konzern noch Geld kostet.

Die Deutsche Bahn macht Ronald Pofalla zum Vorstand
Foto: RP/Schnettler

"Vor dem größten Umbruch seit der Bahnreform" vor 20 Jahren stehe das Unternehmen, sagte Vorstandschef Rüdiger Grube vor acht Monaten. Das war auf die digitalen Techniken gemünzt und klang nach einem Schlagwort. Vor drei Wochen dann kündigte Grube einen Umbau des Konzerns Deutsche Bahn an. Jetzt macht er den Anfang, indem er den Vorstand umbildet. Grube trennt sich von vier Topmanagern, denen er lange vertraute, und gibt zwei anderen aus der zweiten Reihe eine Chance: Ronald Pofalla, dem Ex-Kanzleramtschef, der seit Jahresanfang für die Bahn in Berlin und Brüssel die politischen Beziehungen pflegt, und Berthold Huber, der seit mehr als vier Jahren an der Spitze der Sparte Fernverkehr steht.

Der Aufstieg Pofallas in den Vorstand nach nur sieben Monaten bei der Bahn ist ein Politikum. Schon der Wechsel des niederrheinischen CDU-Politikers zum Staatskonzern war umstritten. Nach einem Jahr Pause fing Pofalla dort im Januar dieses Jahres an. Ihm kann jetzt auch nicht mehr ein Gesetz dazwischenkommen, das gerade vom Bundesrat gebilligt worden ist. Es sieht beim Wechsel in die Wirtschaft eine Sperrzeit von bis zu 18 Monaten vor. Diese Zeitspanne ist vorüber.

Andererseits ist Pofalla nur eine Figur in der Personalrochade bei der Deutschen Bahn. Aus acht Vorständen werden bei dem Konzern sechs, die Aufgaben im Führungsgremium werden neu verteilt. Grubes Mannschaft solle schon im August in neuer Konstellation zusammenarbeiten, heißt es im Umfeld des Aufsichtsrats. Der muss dem Personalkonzept in einer Sondersitzung am 27. Juli zustimmen.

Ziel der Operation: Die Bahn soll wettbewerbsfähiger und profitabler werden. Die Geschäftszahlen waren zuletzt mäßig. Im Personenfernverkehr läuft es nicht nur wegen der Fernbus-Konkurrenz nicht rund. Im Regionalverkehr hat die Bahn bei Ausschreibungen Marktanteile verloren. Im Schienengüterverkehr waren zuletzt wieder Verluste aufgelaufen statt erhoffter Gewinne.

Wohin die "neuen Wege" führen, die Grube im Aufsichtsrat angekündigt hatte, ist noch nicht genau zu erkennen. Von "Neudefinition des Kerngeschäfts und Veränderungen im Portfolio des Konzerns" war die Rede. Es gibt angeblich Überlegungen, bei Dienstleistungen wie Fahrzeugwartung und Reinigung andere Firmen zu beteiligen. Berichte, wonach diese Sparten verkauft werden sollen, wurden nicht bestätigt. Die Gewerkschaft EVG befürchtet, dass vor allem ein Sparprogramm droht.

Die wohl größte Aufgabe fürs Geschäft und fürs Renommée steht Berthold Huber bevor. Er soll den Fern- und Regionalverkehr der Bahn voranbringen und wohl zusätzlich die Güterbahn aus dem Tal führen. Für den Fernverkehr gibt es seit März ein Konzept, das Huber mitgestaltet hat: Die Züge sollen künftig in mehr Städten halten, die ICE auf wichtigen Routen häufiger fahren, die günstigsten Sonderangebote werden auf 19 Euro pro Fahrt gesenkt.

Ulrich Homburg, den Huber ersetzen soll, gehört zu den Verlierern der Personalrochade. Ihm wurde die Berliner S-Bahn-Krise angelastet und vorgeworfen, die Fernbusse als Wettbewerber zu lange unterschätzt zu haben. Wie Homburg muss Gerd Becht vorzeitig gehen, obwohl dem Vorstandsmitglied für Datenschutz und Konzernsicherheit gute Arbeit attestiert wird.

Die Aufgaben der zum 31. Juli scheidenden Technikchefin Heike Hanagarth müssen ebenso neu vergeben werden wie die des Logistik-Vorstands Karl-Friedrich Rausch, der einige Monate früher als geplant in den Ruhestand gehen wird. Hanagarth war die einzige Frau im Vorstand, ihr Weggang wird deshalb von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat besonders bedauert. Im Fall Becht, dessen Vertrag noch bis Februar 2017 läuft, wird in der Sitzung am 27. Juli Kritik erwartet. Es sei nicht einzusehen, wieso Becht Pofalla schon jetzt Platz machen müsse. "Da wird Geld verbrannt", so ein Aufsichtsrat. Becht werde sicher nicht auf Gehalt verzichten.

(dpa)
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