Berlin Deutsche Touristen meiden die Türkei

Berlin · Politische Spannungen drücken die Zahl der Türkei-Urlauber. Die fliegen lieber in andere Länder.

Die Tourismuswirtschaft verzeichnet einen starken Buchungsrückgang bei den Türkei-Urlauben. Zum vergangenen Jahr vermeldete der Deutsche Reiseverband (DRV) rund 1,7 Millionen deutsche Türkeibesucher weniger als 2015. Das entspricht einem Minus von 30 Prozent. Auch 2017 ist der Buchungsrückgang bislang "zweistellig", teilte der Verband mit. DRV-Präsident Norbert Fiebig erwarte, dass der Abwärtstrend anhält. Grund sei die Ablehnung der in dem Urlaubsland herrschenden politischen Verhältnisse.

Die türkische Riviera sei bisher nicht von Terroranschlägen betroffen gewesen, anders jedoch Ankara und Istanbul. "Der Kunde reagiert natürlich auf solche Vorfälle", sagte Michael Frenzel, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW). Durch mehr als zehn Anschläge im vergangenen Jahr habe die Türkei als Urlaubsziel "deutlich gelitten". Vor wenigen Tagen sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), man könne einen Urlaub in der Türkei nicht guten Gewissens empfehlen.

Hauptauslöser für den Buchungsrückgang ist laut Fiebig aber nicht die bestehende Gefährdungslage: "Die Kunden haben die Erkenntnis, dass überall auf der Welt etwas passieren kann." Es sei die Bewertung der Politik und der demokratischen Verhältnisse in der Türkei, die Urlauber "nicht in Ordnung" fänden.

Das schwindende Interesse der Deutschen am Reiseziel Türkei bewirke, dass es dort auch weniger touristische Angebote gebe. Nicht nur deutsche Urlauber würden massiv in andere Länder fliegen, was dort zu Preisanstiegen und Problemen in der Infrastruktur führe. So hat sich dem Reiseverband zufolge die Wohnungslage auf Mallorca oder in Venedig verschärft, weil viele Einheimische ihre Privatwohnungen auf Internetportalen wie Airbnb den Touristen anböten.

Einbußen in den Buchungen gab es 2016 auch in Ägypten und Tunesien. Dort nimmt das Interesse deutscher Touristen aber teils wieder zu. In einigen Wochen gab es 2017 laut DRV doppelt so viele Ägypten-Buchungen wie im Vorjahr. Gewinner waren vergangenes Jahr dem Deutschen Reiseverband zufolge vor allem Griechenland (plus elf Prozent Besucher) und Spanien (plus neun Prozent). Auch einige Fernreiseziele wie Kuba (plus 37 Prozent Umsatz) und die Dominikanische Republik (plus sieben Prozent Umsatz) hätten von Touristen profitiert, die 2016 nicht in der Türkei waren.

Die Tourismuswirtschaft kritisiert zudem den gestiegenen Dokumentationsaufwand durch Mindestlohn und unflexible Vorschriften für Tagesarbeitszeiten, was gerade Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern - rund 75 Prozent der Branche - belaste. Bemängelt wurden auch die drohende Bus-Maut sowie die Luftverkehrssteuer und hohe Sicherheitskosten für deutsche Airlines, die den internationalen Wettbewerb verzerrten.

(bur)
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