Berlin Deutsche Strompreise 45 Prozent über EU-Niveau

Berlin · Die Strompreise für deutsche Privathaushalte liegen nach einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey im laufenden Jahr bereits um 32 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Im kommenden Jahr würden die deutschen Haushalte sogar 45 Prozent mehr bezahlen müssen als die Haushalte im Durchschnitt der übrigen EU-Länder.

Für künftige Preisanstiege machen die Unternehmensberater vor allem die noch immer schwer steuerbare Ökostrom-Förderung verantwortlich. "Der weitere Ausblick ist ungünstig", zitiert die "Welt" aus dem "Energiewende-Index" der Unternehmensberatung. "Der Ausbau insbesondere von Photovoltaik und Offshore-Wind wird zu erneuten Umlageerhöhungen – mittelfristig auf über sechs Cent pro Kilowattstunde – führen, sofern das aktuelle Umlagesystem in Kraft bleibt", heißt es in dem Gutachten. Zum Jahreswechsel steigt die Ökostrom-Umlage um mehr als 50 Prozent auf rund 5,3 Cent pro Kilowattstunde.

Die Bundesregierung hatte zwar die Förderung von Solaranlagen im Sommer deutlich gekürzt, doch der Ausbauboom hält unverändert an: Allein im Oktober wurden Solarmodule mit einer Leistung von 612 Megawatt installiert. Das ist gut ein Drittel mehr als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Hochgerechnet auf das Jahr übertrifft der Ausbau die Ziele der Regierung um mehr als das Doppelte. Wer etwa ab 1. Oktober eine kleine Solaranlage angemeldet hatte, erhält immerhin noch 18,36 Cent pro eingespeister Kilowattstunde – und das garantiert für 20 Jahre. Für viele ist das weiterhin eine lukrative Nebeneinnahme. Wer später anmeldet, bekommt weniger – die degressive monatliche Kürzung der Förderung befeuert daher eher den Zubau, als dass sie bremst.

McKinsey, eine der weltweit führenden Beratungsfirmen, hat in der Studie den Grad der Zielerreichung der Energiewende anhand von 15 Kriterien überprüft. Probleme sieht McKinsey demnach vor allem bei der Versorgungssicherheit. Die Kosten für Netzeingriffe hätten sich um das Dreifache erhöht, weil das Netz durch die verstärkten Ökostrom-Einspeisungen technisch stärker gefordert ist.

"Wie man sieht, brauchen die Energieanbieter für massive Strompreiserhöhungen keine Energiewende", kritisierte der hessische SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel die Energiekonzerne. "Wenn die Stromkosten trotz des energiepolitischen Stillstands hierzulande 32 Prozent über dem EU-Durchschnitt liegen, ist das nicht hinnehmbar."

(mar)
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