Frankfurt Deutsche Bank: Achleitner darf bleiben

Frankfurt · Der Aufsichtsratschef wird für eine zweite Amtszeit nominiert und hat viele Aktionäre hinter sich. Deutschlands größte Bank setzt auf Kontinuität - und auf einen Mann, der wegen der Aufarbeitung der Skandale selbst in die Kritik geraten ist.

Seit dem Ausscheiden von Josef Ackermann Ende Mai 2012 hat sich bei der Deutschen Bank vieles verändert. Die Bank hat zwei direkte Nachfolger verschlissen, Milliardenlasten öffentlich gemacht und unter Konzernchef John Cryan einen radikalen Sparkurs eingeschlagen. Nicht verändert hat sich nach 2012 die Spitze des Aufsichtsrates. Den führt Paul Achleitner, und das soll er nach dem Willen seiner Kollegen weiter tun. Achleitner sei vom Kontrollgremium einstimmig für eine zweite Amtszeit nominiert worden, sagte ein Sprecher. Er wäre dann bis 2022 im Amt.

Dabei war Achleitner in den vergangenen Jahren alles andere als unumstritten. Es gab Kritik daran, dass er die Skandale der Bank nicht energisch genug habe aufarbeiten lassen, dass er zu lange an Anshu Jain als Spitzenmann festgehalten und zu oft versprochen habe, die Bank habe das Schlimmste hinter sich. Im Aufsichtsrat kam es zum Zerwürfnis mit Georg Thoma, den Achleitner selbst geholt hatte, der aber einigen Kontrolleuren bei seinem Streben nach Aufklärung zu umtriebig geworden sein soll. Aus ihrer Sicht beschädigte dies die Bank mehr, als dass es ihr half.

Keine schöne Zeit für Achleitner. Bis zuletzt musste er um die Fortsetzung seiner Aufsichtsrats-Karriere bangen. Eine interne Sonderprüfung entlastete ihn aber vom Vorwurf, er sei mitverantwortlich dafür gewesen, dass die Bank 100 Millionen Pfund mehr an die britische Finanzaufsicht zahlen musste als gedacht, weil sie bei der Aufklärung der Zinsmanipulation nicht gut kooperiert habe. Die Baustelle ist nun geschlossen. Die Bank setzt auf Achleitner und auf Kontinuität. Vermutlich werde sie damit nicht schlecht fahren, heißt es in Bankenkreisen, weil jede neue Personalrochade neue Unruhe bringe, und die könne das Institut nicht gebrauchen.

Offenbar hat Achleitner die Großaktionäre, die einst zu seinen großen Kritiken gezählt haben sollen, auf seiner Seite. Damit steht der Wiederwahl des 60-Jährigen kaum etwas im Wege. Die größten Anteilseigner sind der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock sowie die Investmentfonds Paramount Services Holdings und Supreme Universal Holdings, deren Vorsitzender je ein Mitglied der katarischen Königsfamilie ist. Alle drei Investoren halten zusammen elf Prozent der Anteile, und bei den Aktionärstreffen der Deutschen Bank waren zuletzt nie mehr als 36 Prozent des Kapitals vertreten. Da Aufsichtsräte gleichzeitig nur mit einer Dreiviertel-Mehrheit des anwesenden Kapitals abberufen werden können, ist gegen die Phalanx der Großaktionäre nichts auszurichten, so lange sie einig sind.

Zumal die Kleinaktionärsvertreter durchaus nicht nur Fehler beim Chefkontrolleur finden. "Wir stehen Herrn Achleitner positiv kritisch gegenüber. Man muss auch die Größe der Aufgabe berücksichtigen. Vielleicht hat er damals unterschätzt, was es aufzuarbeiten gibt. Wir hätten uns von ihm einige Male mehr klare Kante gewünscht, besonders bei persönlichen Anwürfen", sagt Markus Kienle, der Vertreter der Aktionärsschützergemeinschaft SdK und kündigt an: "Bevor wir uns für oder gegen Achleitner entscheiden, werden wir erst einmal den weiteren Verlauf bis zur nächsten Hauptversammlung abwarten."

Auch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) würde die Wahl gutheißen und bekundet "verhaltene Zustimmung, wenn morgen Hauptversammlung wäre". "Wenn Achleitner in der zweiten Amtszeit stärker auf die Tube drückt als in der ersten, soll uns das recht sein", sagte DSW-Vizepräsident Klaus Nieding unserer Redaktion. Achleitner sei mittlerweile unbelastet. Der Aufsichtsratschef habe sich aber unter anderem "nicht mit Ruhm bekleckert", als es um den von Ex-Co-Chef Jain eingeleiteten Kulturwandel ging: "Da hätte er früher eingreifen müssen."

(RP)
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