Frankfurt Der tiefe Fall der Deutschen Bank

Frankfurt · Unter Alfred Herrhausen stieg das Traditionshaus ins Investmentbanking-Geschäft ein. Ein neuer, geschmeidiger Typus Banker übernahm im Haus das sagen. Mit weitreichenden Folgen.

Unter Alfred Herrhausen stieg das Traditionshaus ins Investmentbanking-Geschäft ein. Ein neuer, geschmeidiger Typus Banker übernahm im Haus das Sagen. Mit weitreichenden Folgen.

Hohe Strafzahlungen und Rechtsstreitigkeiten, hohe Boni-Ausschüttungen auch in Verlustjahren - fast immer war es die Sparte Investmentbanking, die in den vergangenen Jahren die Deutsche Bank in Misskredit brachte. Gleichzeitig wurden die Aktionäre mit Mini-Dividenden abgespeist. Dass deren Geduld auch deshalb arg strapaziert ist, hat man in den letzten Tagen gut erkennen können.

Die weitreichende Entscheidung zum Einstieg in das Investmentbanking aber hatte schon Alfred Herrhausen getroffen, Vorstandssprecher von 1985 bis zu seiner Ermordung durch die Rote Armee Fraktion (RAF) Ende November 1989. Das rein deutsche Geschäft war der Bank damals nicht mehr genug, die einst im Zentrum der "Deutschland AG" stand, des engen Netzwerks von Unternehmen und Banken in Deutschland. Sie wollte international mitmischen und nicht mehr nur reine Kreditbank sein.

Thomas Mayer, ehemals Chefvolkswirt des Geldhauses, beschreibt Herrhausens Antwort auf die Herausforderung so: "Man musste in ein neues Geschäftsfeld hineingehen. In das Investmentbankgeschäft, und man musste sich internationalisieren." So erwarb die Deutsche Bank Ende 1989 die britische Investmentbank Morgan Grenfell und zehn Jahre später dann, unter Rolf-Ernst Breuer, die amerikanische Bankers Trust Company. Damit begann der Aufbau der Investmentbank, während sie gleichzeitig aber immer noch das klassische Privatkundengeschäft weiterführte, also als sogenannte Universalbank agierte, als ein Geldhaus, das auf diesen beiden Säulen ruht. Doch mit dem Einstieg in das Investmentbanking holte sich die Deutsche Bank auch einen ganz anderen Typus Banker ins Haus. Die selbstbewusste Spezies ließ sich nicht in die Deutsche Bank mit ihren ehemals deutschen Tugenden einbinden. Zu diesem Zweck war 1996 eigentlich ein Team von Merrill Lynch eingekauft worden. Das bestand jedoch vor allem aus Investmentbankern wie Anshu Jain, der 2012 dann sogar Co-Chef der Bank wurde. Dieses Team sollte zunächst Morgan Grenfell, später auch Bankers Trust in die Gesamtbank integrieren. Eine Fehlentscheidung, meint Dieter Hein vom unabhängigen Analysehaus Fairesearch: "Dann sind die deutschen klassischen Banker den sehr geschmeidigen Investmentbankern, die es eben nicht immer so ganz genau mit den Regeln nehmen, auf den Leim gegangen, und man hat von einem "reverse take over" gesprochen, das heißt die Deutsche Bank hat zwar Morgan Grenfell übernommen, aber Morgan Grenfell hat das Investmentbanking der Deutschen Bank übernommen." Mit dem Ergebnis, dass die angelsächsischen Investmentbanker nach anfänglich hohen Gewinnbeiträgen die Bank ausplünderten. Sie konnten nur durch hohe Boni-Ausschüttungen gehalten werden, und das nutzten sie weidlich aus. Hein hat ausgerechnet, dass allein die Kapitalerhöhungen der verschiedensten Art von insgesamt 37,5 Milliarden Euro in den vergangenen zehn Jahren fast komplett als Boni ausgeschüttet wurden - es waren 36 Milliarden Euro. Ohne frisches Kapital wäre die Bank also heute schon pleite. Die Strafzahlungen aus den zahlreichen Rechtsstreitigkeiten, die auch die Investmentbanker verursacht hatten, sind da noch gar nicht eingerechnet. Allein die summieren sich seit der Finanzkrise auf bis jetzt 18 Milliarden Euro.

Gleichzeitig fällt die Bank immer weiter im Vergleich der Investmentbanken zurück, die Weltspitze mit den großen amerikanischen Investmentbanken ist weit enteilt. Gewinne wie zu den Anfangszeiten des Investmentbanking sind nicht mehr möglich, weil sie entweder von den Regulierern verboten sind oder sie inzwischen der Bank als zu riskant erscheinen.

Vorstandschef John Cryan, eigentlich Mitte 2015 als Sanierer angetreten, schaffte es bisher nicht, die Investmentbanker in den Griff zu bekommen - dass er sich doch zu weiteren Bonuszahlungen überreden ließ, ist Zeichen dafür. Außerdem scheint Aufsichtsratschef Paul Achleitner mit Cryans Absicht, die Sparte stärker zu stutzen, nicht einverstanden zu sein. Der Stuhl des Chefs wackelt inzwischen erheblich. Der 57-Jährige versuchte gestern, in die Offensive zu kommen und beteuert, an der Spitze von Deutschlands größtem Geldhaus zu bleiben. "Ich möchte Ihnen daher versichern, dass ich mich weiterhin mit all meiner Kraft für die Bank einsetze und gemeinsam mit Ihnen den Weg weiter gehen möchte, den wir vor rund drei Jahren angetreten haben", erklärte Cryan in einer Mitteilung an die Mitarbeiter und betonte, er werde weiter an der Sanierung der Bank arbeiten, aber nach baldigen Fortschritten werde "künftig wieder mehr Fokus auf Wachstum liegen".

(RP)
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