Düsseldorf Der Garantiezins soll bis 2017 bleiben

Düsseldorf · Das Finanzministerium hat die geplante Abschaffung verschoben. Die Lebensversicherer atmen auf, weil ihnen ein Ver-kaufsargument bleibt. Und die Verbraucherschützer, weil aus ihrer Sicht die Anbieter nicht wieder in die Zinsfalle laufen.

Düsseldorf: Der Garantiezins soll bis 2017 bleiben
Foto: V. Weber

Es ist gerade mal zehn Wochen her, dass ein Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums bekannt wurde, demzufolge der Garantiezins in der Lebensversicherung im kommenden Jahr abgeschafft werden sollte. Der ist schon wieder Makulatur. Das Finanzministerium hat gestern mitgeteilt, dass der Garantiezins bis 2017 erhalten bleibt. Die offizielle Begründung aus dem Ministerium: "So wird weiter gewährleistet, dass die Versicherer in ihrer Bilanz eine vorsichtige Bewertung ihrer Verpflichtungen vornehmen." Im nächsten Jahr soll geprüft werden, ob eine weitere Absenkung 2017 angezeigt erscheint; 2018 steht dann die Diskussion darüber an, ob der Garantiezins (oder Höchstrechnungszins, wie er offiziell heißt) überhaupt noch sinnvoll ist.

Hinter der Vokabel verbirgt sich der Zinssatz, den Lebensversicherer ihren Neukunden maximal versprechen dürfen. Er ist in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten kontinuierlich gesunken. Der Hintergrund: Den Unternehmen fällt es immer schwerer, an den Finanzmärkten ausreichende Ergebnisse zu erwirtschaften, mit denen hohe Garantieversprechen der Vergangenheit noch erfüllt werden können. Die Leidtragenden sind jeweils die Neukunden, denn nur für sie gelten veränderte Garantieregeln. Im nächsten Jahr kommen noch verschärfte Eigenkapitalregeln ("Solvency II") dazu: Je mehr ein Versicherer seinen Kunden garantiert, um so mehr Kapital muss er für diese Versprechen zurücklegen. Umgekehrt gilt theoretisch: Gibt es kein Versprechen, muss weniger reserviert werden. Und das könnte für einige kapitalschwache Vertreter in der Branche natürlich eine Erleichterung sein.

Trotzdem ist das Finanzministerium von seinen ursprünglichen Plänen abgerückt. Das Ressort von CDU-Politiker Wolfgang Schäuble kommt damit den Interessen der Versicherungsmathematiker und Verbraucherschützer entgegen. Letztere hatten nämlich befürchtet, dass ohne eine feste Obergrenze beim Garantiezins die Anbieter mit hohen Zinsgarantien werben könnten, um Kunden zu gewinnen. Das klingt angesichts niedriger Kapitalmarktzinsen und der Folgen für die notwendige Eigenkapitaldeckung absurd, doch im harten Wettbewerb könnte es trotzdem ein Argument sein. Da die Zinsen aber nach Einschätzung von Experten noch über Jahre hinweg niedrig bleiben könnten, drohten Versicherer mit besonders lukrativ erscheinenden Offerten erneut in die Zinsfalle zu laufen. Diese Gefahr wäre vorerst gebannt.

Was für Lebensversicherungskunden wichtig ist: Unabhängig von Existenz und Höhe eines Garantiezinses zählt am Ende natürlich nur das, was unter dem Strich herauskommt. Und dieses Ergebnis besteht eben nicht nur aus einem Garantiezins, sondern auch aus den laufenden Überschüssen, die der Versicherer dem Konto des Versicherten gutschreibt, und der Schlussüberschussbeteiligung, die am Ende der Laufzeit dazukommt. Alles zusammen ergibt die Gesamtverzinsung - die ist entscheidend.

Abseits der gesetzlichen Vorgaben hat sich die Branche ohnehin auf das Ende des Garantiezinses eingestellt. Ein Großteil der 90 Millionen bestehenden Verträge basiert zwar noch auf dem traditionellen Modell, doch die neuen Angebote der Versicherer kommen längst mit eingeschränkten oder ganz ohne Garantien aus. Der Talanx-Konzern (Hannover) beispielsweise hatte im Juli als einer der ersten größeren Anbieter angekündigt, er wolle ab Ende 2016 für alle deutschen Marken nur noch neuartige Lebens- und Rentenversicherungen ohne Garantiezins anbieten. Unternehmen wie Allianz und Ergo bieten bereits seit längerer Zeit Produkte mit eingeschränkten Versprechen oder solche ohne Garantien an.

(RP)
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