Kolumne Christian Kirchner Das Milliarden-Monopoly

Hinter dem Boom der Mischfonds steckt nicht die Not der Anleger, sondern die der Banken mit den Niedrigzinsen.

Die Bundesbank hat jüngst eine erstaunliche Umfrage veröffentlicht. Danach haben 77 Prozent der deutschen Privathaushalte ihr Sparverhalten in der Niedrigzinsphase nicht verändert. Eine mögliche Erklärung dafür liefert die Bundesbank in ihrem Monatsbericht gleich mit: Die tatsächliche Rendite, die Privathaushalte in Deutschland seit der Finanzkrise 2008 erzielt hätten, sei zwar nach Anzug der Inflation mit im Schnitt 1,5 Prozent pro Jahr nicht gerade üppig gewesen. Aber eben auch nicht weit unter dem, was Anleger noch in sogenannten Hochzinsphasen der 90er-Jahre erzielt hätten.

Real 1,5 Prozent - das ist auch nicht die Katastrophe, die Finanzdienstleister gern skizzieren, um ihren Anlegern Produkte zu verkaufen, mit denen man auf den Niedrigzins reagieren müsse. In der Regel sind das derzeit Misch- und Multi-Asset-Fonds. Im Schnitt knapp eine halbe Milliarde Euro pro Tag werden derzeit von dieser Fondsgattung neu vertrieben in Deutschland. Zuletzt stiegen die Mittelzuflüsse in Fonds - getrieben vor allem vom Mischfondsboom - sogar über das Niveau des Börsenrauschs zur Jahrtausendwende.

Hinter diesen Vertriebsoffensiven der Banken steckt nicht nur der Wunsch, Anlegern höhere Renditen zu bescheren. Es geht auch ganz banal darum, die eigene Bilanz zu retten. Denn jahrelang lebte man vorzüglich damit, große Teile des schon immer niedrig verzinsten Sicht- und Sparguthabens der Kunden einfach bei der Notenbank oder in Bundesanleihen anzulegen und die Differenz als Gewinn einzustreichen. Jetzt werfen aber Bundesanleihen kaum noch Zinsen ab, gibt es Notenbankgeld und Sparguthaben im Überfluss. Und die Europäische Zentralbank (EZB) verlangt sogar Strafzinsen für Einlagen.

Kein Wunder, dass Mischfonds oft als Wundermittel der Vermögensvermehrung angepriesen werden. Sie weisen sehr gute Vergangenheitsrenditen auf. Das Risiko trägt der Käufer, nicht die Bank. Und die Fonds sichern einen jährlichen Strom an Verwaltungsgebühren für Manager und Bestandsprovisionen für die Berater, die sie empfehlen.

Nur kann kein noch so wohlklingender Name kaschieren, dass in Zeiten, in denen der risikolose Zins nahe null ist, für positive Renditen zumindest kurzfristige Risiken eingegangen werden müssen. Und für eine "schwarze Null" beim Anleger heißt das im Falle der Mischfonds, zunächst die 1,5 bis zwei Prozent Gebühren pro Jahr zu verdienen, die in jedem Fall zu entrichten sind aus dem Fondsvermögen.

Unbestritten gibt es zwar eine Reihe starker Mischfonds, die in der Vergangenheit hervorragend abgeschnitten haben und eine günstige Gebührenstruktur aufweisen. Vorsicht sollten Anleger aber immer dann walten lassen, wenn ihnen Mischfonds verkauft werden sollen und die Fonds mehrere der folgenden Eigenschaften aufweisen, über die ein Berater Auskunft erteilen kann:

Der Misch- oder Multi-Asset-Fonds wurde erst in den vergangenen Monaten neu aufgelegt und verfügt über keine Performance-Historie.

Der Fonds weist nur ein unklares Chance-Risiko-Profil auf, ablesbar etwa daran, dass es keinen Vergleichsindex gibt oder das Ziel schlicht darin besteht, "stets positive Erträge zu erwirtschaften".

Der Fonds ist mit einer zusätzlichen erfolgsabhängigen Gebühr ausgestattet, die sich an einem absoluten und nicht etwa relativen Abschneiden gegenüber einem Vergleichsindex bemisst.

Das Fondskonstrukt ist für Anleger schwer verständlich und fußt auf schwammigen Aussagen wie etwa "eine Vielzahl von Renditequellen wie Zinsen, Dividenden, Optionsprämien, Volatilitäten" anzapfen zu wollen.

Die verlangten Gebühren überschreiten zwei Prozent pro Jahr.

Es muss übrigens auch nicht immer ein Mischfonds sein, mit dem man sein Geld in Zeiten niedriger Zinsen rentabler anlegen kann: Ein guter Berater wird seinen Kunden auch aus der Kombination eines gebührenfreien Tagesgeldkontos und ein oder zwei schnörkellosen Aktienfonds eine langfristig rentable, günstigere und zum Risikoprofil passende Alternative empfehlen können.

Der Autor ist Frankfurt-Korrespondent des Wirtschaftsmagazins "Capital".

(RP)
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