Wiesbaden ChemChina greift nach Klattens Krisenfirma SGL

Wiesbaden · Susanne Klatten hat wenig Freude am Kohlenstoff-Spezialisten. Nun verhandelt sie mit Investoren.

Der angeschlagene Kohlenstoffspezialist SGL steht einem Medienbericht zufolge im Visier des chinesischen Chemiekonzerns ChemChina. Der Vorstandschef des Staatskonzerns, Ren Jianxin, soll schon diverse Gespräche mit SGL-Chef Jürgen Köhler und Großaktionärin Susanne Klatten geführt haben, berichtete das "Manager Magazin" in seiner Freitagsausgabe unter Berufung auf Unternehmenskreise.

Chinesische Konzerne zeigen in jüngster Zeit zunehmend Interesse an deutschen Unternehmen, vor allem an Maschinenbauern wie zuletzt Aixtron oder Kuka.

SGL sagte auf Nachfrage, die Gespräche mit Investoren bezögen sich rein auf das Grafitelektrodengeschäft. Das Unternehmen gebe aber keine Informationen darüber heraus, mit wem genau man spreche. Susanne Klatten sagte dem Magazin zufolge, als "weltweit tätige Unternehmerin" rede sie "regelmäßig" mit internationalen Investoren. ChemChina war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Die Börse reagierte derweil begeistert auf die Nachricht: Die Aktie des im SDax notierten Unternehmens legte bis Freitagnachmittag um mehr als zehn Prozent auf insgesamt 11,88 Euro zu.

Die krisengeschüttelte Wiesbadener Firma will sich von ihrem Hauptgeschäft mit Graphitelektroden trennen, die zur Produktion von Elektrostahl eingesetzt werden. Der Preiskampf in dem Bereich ist hart, und SGL steckt tief in den roten Zahlen fest. Das Ergebnis nach Steuern sackte im vergangenen Jahr von minus 247 Millionen auf einen Konzernfehlbetrag von 295 Millionen Euro ab, unter anderem wegen Wertberichtigungen im Graphitelektrodengeschäft. Auch für dieses Jahr rechnet SGL mit einem Verlust.

Das Unternehmen, das Ende 2015 rund 5700 Mitarbeiter beschäftigte, versucht, mit Werkschließungen, dem Verkauf von Tochtergesellschaften, Kostensenkungen und einer strategischen Neuausrichtung in die Gewinnzone zu kommen.

BMW und VW sind an dem Unternehmen beteiligt. Ihr Interesse gilt vor allem der Karbonfaser-Technologie. Für Auto- und Flugzeughersteller gelten die ultraleichten Fasern als Werkstoff der Zukunft. Aufsichtsratschefin und BMW-Großaktionärin Susanne Klatten hält über ihre Beteiligungsgesellschaft SKion SGL-Anteile. ChemChina ist auch in den Schlagzeilen, weil es den Pflanzenschutzhersteller Syngenta für 43 Milliarden Dollar (38,5 Milliarden Euro) schlucken will.

(dpa)
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