Oberhausen Busfahren ohne Busfahrer

Oberhausen · Google, Apple und die Autohersteller arbeiten an autonom fahrenden Autos. Andere Unternehmen konzentrieren sich auf den Nahverkehr. Ein sich selbst steuernder Bus könnte das Nahverkehrsnetz ergänzen, so die Vision.

Noch sind die Stückzahlen klein und die Anschaffungspreise hoch: 200.000 Euro für einen autonom fahrenden Kleinbus. 70 Fahrzeuge des Modells "Arma" will der französische Hersteller Navya in diesem Jahr bauen. "40 sind schon verkauft", sagte Navya-Manager Frédéric Sartou. Der Elektro-Bus für 15 Passagiere ist derzeit auf Premierentour.

Nachdem er vergangene Woche am Einkaufszentrum Centro in Oberhausen Station machte, war er gestern im Park der Gärten im niedersächsischen Bad Zwischenahn unterwegs. Zuvor gastierte das 4,75 Meter lange Fahrzeug auch noch in Chemnitz auf einem Klinikgelände. Noch dürfen die Busse nicht auf öffentliche Straßen. Das Zulassungsverfahren ist langwierig. Bis 2030 sollen in Deutschland rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Vorher soll es aber die grundsätzliche Möglichkeit des autonomen Fahrens für Lastwagen oder Autos geben, allerdings noch unter Aufsicht eines Fahrers.

"Wir müssen uns frühzeitig im öffentlichen Nahverkehr auf die Chancen dieser Technologie einstellen", sagt Constantin Pitzen von der Projektgemeinschaft Büro AutoBus, zu der auch die Planer Christoph Marquardt und Holger Michelmann gehören. Sie setzen sich für die Zukunftstechnologie ein.

Der Fahrer wird durch High-Tech ersetzt. GPS, Radar und Sensoren steuern das Fahrzeug auf einer festgelegten und vorher programmierten Strecke.

Dafür mussten die Planer am Vortag bereits die Strecke vermessen. Auf dem Gelände im Park der Gärten sind das nur einige hundert Meter. Der Kleinbus mit elf Sitz- und vier Stehplätzen weicht aus, verlangsamt die Fahrt oder stoppt, wenn Spaziergänger zu nahe kommen. Der elektrisch betriebene Bus bewältigt auch Ladevorgänge autonom. Sinkt die Batterieleistung unter zehn Prozent, fährt er eigenständig an die Ladestation - aber gemächlich, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 45 Stundenkilometern.

Pitzen, Marquardt und Michelmann planen seit Jahren öffentliche Verkehrsabläufe auch im ländlichen Raum. "Da haben wir oft einen guten und schicken Schnellbus, der aber viele kleine Dörfer nicht anfährt", beschreibt Pitzen die Lage. Die Idee: Den Zubringerverkehr von autonom fahrenden Kleinbussen bewältigen zu lassen, sozusagen die "letzte Meile" zum Anschluss fahrerlos anzubieten.

"Man muss auch bedenken, dass etwa 90 Prozent aller Unfälle auf den Straßen in irgendeiner Form auf menschliches Versagen zurückzuführen sind", sagt Pitzen. "Der Mensch hat nur zwei Augen. Diese Technologie schaut in alle Richtungen, ist eigentlich viel sicherer, wenn alles funktioniert." Damit alles funktioniere, sei das Zulassungsverfahren entsprechend akribisch.

Derzeit werden die Kleinbusse auf Privatgeländen eingesetzt, unter anderem am Atomkraftwerk Civaux bei Poitiers in Zentralfrankreich. Dort werden mit sechs Shuttle-Bussen laut Navya täglich Hunderte Beschäftigte im Drei-Minuten-Takt befördert. In Australien (Perth) und der Schweiz (Sitten) sollen die Busse in diesem Jahr auf der Straße getestet werden. Die Nachfrage wird steigen, da ist Sartou sicher: "In zwei Jahren wollen wir 1000 Busse bauen."

(dpa)
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