Berlin Brüssel rät zum Bau neuer Mini-Atomkraftwerke

Berlin · Vorschläge der EU-Kommission, die Atomkraft in Europa künftig stärker zu fördern, sind in Deutschland auf heftige Kritik gestoßen. "Das ist eine verrückte und unverantwortliche Idee", sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) unserer Zeitung. "Zu glauben, man könne mit noch mehr Atomkraft das Klima retten, ist ein Irrtum", sagte Hendricks, die sich in Japan über die Folgen der Atomkatastrophe in Fukushima informierte. "Klimaschutz braucht die Wende zu erneuerbaren Energien, kein Festhalten an einer veralteten und zudem kostspieligen Technologie, mit deren Nutzung wir viele Generationen nach uns unumkehrbar belasten", sagte sie.

Hendricks reagierte auf ein Brüsseler Strategiepapier, über das zuerst "Spiegel Online" berichtete und das auch unserer Zeitung vorliegt. Demnach soll die EU mit mehr Investitionen ihre Vorherrschaft im Nuklear-Sektor verteidigen. Das Papier sei nur eine Diskussionsgrundlage, schränkte eine Sprecherin ein. Zudem entschieden die EU-Staaten über die Energiepolitik der Länder.

Allerdings soll das Papier als Gesprächsgrundlage für ein Treffen der EU-Energieminister am 24. Mai dienen. In dem Papier wird die Wichtigkeit der Atomforschung betont. Die Kommission schlägt zudem vor, flexible Mini-Atomkraftwerke in Zukunft besser zu fördern. Diese könnten dezentral zur Wärmeproduktion eingesetzt werden. Europa könne die Technologieführerschaft im Nuklearsektor nur behaupten, wenn es eine dynamische Atomindustrie und entsprechende Forschungskapazitäten beibehalte.

"Niemand hat etwas gegen Sicherheitsforschung", sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Das Papier gehe jedoch deutlich darüber hinaus. "Wer die Energieunion in Europa will, der darf Europa nicht zum Förderer der Atomenergie machen." Auch Grünen-Chefin Simone Peter erklärte: "Wenn die EU nun auf kleinere Reaktoren setzen will, erhöhen sich die Baukosten weiter, während sich die Risiken für atomare Unfälle und Missbrauch nuklearen Materials durch Terroristen vervielfachen."

Mit einem Aktionstag wollen Atomkraftgegner aus Nordrhein-Westfalen am Samstag auf das ungelöste Problem der Brennelemente-Kugeln aus dem 1988 stillgelegten Atomversuchsreaktor Jülich aufmerksam machen. Auf dessen Geländer lagern 152 Castoren mit 290.000 Brennelemente-Kugeln.

(mar)
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