Düsseldorf Börse sieht LEG als Übernahmekandidat

Düsseldorf · Die LEG steht für die glückliche Privatisierung eines Immobilienkonzerns. Gerade das ist für sie gefährlich.

Als das damals noch landeseigene Immobilienunternehmen LEG vor sieben Jahren privatisiert wurde, war der Aufruhr groß. Beinahe hätte sich eine Volksinitiative gegen den Verkauf an die berüchtigten Fonds von Goldman Sachs durchgesetzt: Dem Unternehmen wurde gewissenlose Mieter-Abzocke vorhergesagt und die Städte befürchteten einstürzende Altbauten.

Als das heute im MDax notierte Immobilienunternehmen gestern seine Halbjahreszahlen vorlegte, war die Freude hingegen groß. Die Börsianer hievten die LEG zeitweise an die Spitze des MDax. In der Branche gilt die LEG, die der Kölner Jurist Thomas Hegel seit Anfang 2006 führt, inzwischen als Vorzeigeunternehmen. Konservatives Wachstum ohne übertriebene Schulden, solider Gebäudebestand und - allen Unkenrufen zum Trotz: im Marktvergleich überdurchschnittlich zufriedene Mieter. Die Dividendenrendite liegt aktuell bei knapp vier Prozent. Angesichts des risikoarmen LEG-Geschäfts und weltweit niedriger Zinsen ist das attraktiv.

Kurzum: Vielleicht erlebt die kleine heile LEG-Welt gerade ihre glücklichsten Tage. Aber es könnte ein kurzes Glück sein. Gerade weil bei der LEG im Moment fast alles rund läuft, drohen ihr gefährliche Zeiten. Seit der neulichen Giga-Fusion ihrer Bochumer Wettbewerber Gagfah und Annington zu einem Moloch mit 370 000 Wohnungen ist die Düsseldorfer LEG mit ihren 110 000 Wohnungen eine Randfigur.

Das allein ist nicht schlimm: Auch Randfiguren können prächtig Geld verdienen, wie die LEG mit ihrem auf preiswerten NRW-Wohnraum spezialisierten Geschäft beweist. Ihr Problem ist die Branche. Weil immer mehr Immobilienkonzerne aufs Parkett streben und dort für immer mehr Aufsehen sorgen, beugt sich die Branche zunehmend von den Gesetzmäßigkeiten der Börse. Die lebt von der Kursfantasie. Und nichts beflügelt diese Fantasie mehr als die Story vom Wachstum. Schiere Größe ist an der Börse und für alle, die dorthin streben, ein Wert an sich. Deshalb kaufen sich derzeit insbesondere die Immobilienunternehmen untereinander auf. Die LEG ist zu klein, um selbst zum bestimmenden Akteur zu werden. Aber sie ist zu groß, um sich vor dem Spiel verstecken zu können. Durch die Übernahmen in diesem Jahr sei ein Karussell in Gang gesetzt worden", zitierte die Wirtschaftswoche kürzlich den Direktor des Trawos-Instituts für Wohnungswirtschaft an der Hochsule Zittau, Stefan Kofner. Sein Geheimtipp für die nächste Runde sei die LEG, weil "ihr einseitig auf NRW fokussiertes Portfolio sich gut als Wachstumsstory verkaufen" lasse.

Für die Opferrolle der LEG in einem möglichen Übernahmepoker spricht auch die auffällig ähnliche Aktionärsstruktur bei Annington und LEG. Mit dem kanadischen Lebensversicherer Sun Life Financial und dem weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock sind gleich zwei globale Player bei beiden Konzernen Großaktionär. Hegel will von solchen Gefahren nichts wissen: Gerade die aktuellen Zahlen zeigen aus seiner Sicht, "dass die LEG mit ihrer operativen Stärke und einer effizienten Kostenstruktur deutlichen Mehrwert für ihre Aktionäre schafft", sagt er auf die Frage nach einem drohenden Angreifer. Aber lockt genau das die Angreifer nicht gerade an? Hegel winkt ab. Die LEG habe "sicherlich bereits heute eine eigenständige kritische Masse erreicht und ist somit zweifellos nicht abhängig von einer wie auch immer gearteten Konsolidierungsdiskussion." Abhängig vielleicht nicht. Aber nirgendwo steht geschrieben, dass nicht auch unabhängige Unternehmen geschluckt werden können.

Aktuell liegt der Börsenwert der LEG - nach dem gestrigen Kurssprung von drei Prozent - bei 4,2 Milliarden Euro. Für die Gagfah, die etwas mehr, aber im Schnitt schlechtere Wohnungen als die LEG hatte, zahlte Annington vergleichsweise mühelos 3,9 Milliarden Euro. Kein Wunder, dass Hegel auf die Frage nach einer drohenden feindlichen Übernahme keine schlüssigen Antworten hat.

(RP)
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