Gastbeitrag Liam Condon "Bio-Bauernhöfe allein könnten die Welt nicht ernähren"

Der Bayer-Manager fordert: Es braucht neue Ideen, um die Ernährung zu sichern und das Klima zu schützen.

Zum Klimagipfel zeigt sich das Klima nicht von seiner besten Seite: Die Welt wird gerade von El Niño heimgesucht. Das Klimaphänomen verursacht Hitze und Dürreperioden in einigen Regionen der Welt, Stürme und Überflutungen in anderen. Klimaforscher warnen, dass es dieses Mal besonders heftig ausfallen könnte. Mit Folgen - auch für die Landwirtschaft: In den betroffenen Regionen sind hohe Ernteausfälle zu befürchten, womöglich sogar Hungersnöte. El Niño erinnert uns daran, dass die Ernährung der Weltbevölkerung keine Selbstverständlichkeit ist, sondern eine große Herausforderung.

Im Jahr 2050 wird die Weltbevölkerung nach UN-Prognose von derzeit mehr als sieben auf 9,7 Milliarden Menschen angewachsen sein. Extreme Wetterkapriolen dürften im Zuge des Klimawandels eher noch häufiger werden - selbst wenn in Paris der erhoffte Durchbruch gelingen sollte. Erschwerend kommt hinzu: Die Herstellung von Bio-Kraftstoffen verschärft die Konkurrenz zwischen Teller und Tank; der zunehmende Fleischkonsum in Schwellenländern erfordert zusätzliche Ernteerträge, denn es braucht bis zu zehn Kilo pflanzliche Nahrung, um ein Kilo Rindfleisch zu produzieren.

Experten schätzen, dass sich die weltweite landwirtschaftliche Produktion bis 2050 mindestens verdoppeln muss, um die Nachfrage zu decken. Gleichzeitig sind verfügbare Ackerflächen weltweit begrenzt. Die Produktivität in der Landwirtschaft muss also nachhaltig und umweltschonend gesteigert werden. Ist die nötige Produktionssteigerung für zwei Milliarden mehr Menschen (ungefähr die Weltbevölkerung von 1930) zu schaffen? Ja, wenn wir endlich die ideologischen Grabenkämpfe beenden. Die idealisierende Vorstellung, Bio-Bauernhöfe allein könnten die Weltbevölkerung ernähren, hat wenig mit der Realität zu tun. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Grenzen für die Übertragung moderner landwirtschaftlicher Produktionsmethoden in andere Länder. Es gilt, dabei auch die Auswirkungen auf traditionelle Anbauweisen zu beachten.

Aber das sind auch gar nicht die Alternativen, um die es wirklich geht: Die oft beschriebene Weggabelung, an der sich die Welt jetzt angeblich zwischen "bäuerlich-ökologischer" und "industrieller Landwirtschaft" entscheiden muss, existiert nicht.

Beispiel Grüne Gentechnik: Für viele ist sie noch immer ein Symbol für die rote Linie, die "gute" von "böser" Landwirtschaft unterscheidet. Überzeugende Gründe gab es dafür nie. Alle anerkannten wissenschaftlichen Studien bestätigen, dass gentechnisch veränderte Pflanzen so sicher sind wie konventionell gezüchtete. Gerade mit Blick auf die bevorstehenden Klimaveränderungen sollten wir die gesamte Bandbreite der verfügbaren Möglichkeiten nutzen.

Reis beispielsweise ist das Grundnahrungsmittel für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. Die Reis-Bauern in Asien stehen vor einem großen Problem: Viele Ackerböden haben mittlerweile einen hohen Salzgehalt, was das Wachstum der Reis-Pflanzen hemmt. Ursache sind unter anderem die Folgen des Klimawandels - geringe und unregelmäßige Regenperioden und der Anstieg des Grundwasserspiegels. Vor allem in sehr trockenen Gebieten verdunstet das Wasser schnell und hinterlässt lediglich Salze und andere Mineralien an der Erdoberfläche. Um Salz-tolerante Reispflanzen zu entwickeln, verfolgen wir unterschiedliche Lösungsansätze einschließlich der Pflanzenbiotechnologie.

Diesen Weg müssen wir weiter gehen. Nur so können wir die Ernährung der Weltbevölkerung langfristig sichern - und uns auf die Folgen des Klimawandels einstellen.

DER AUTOR IST CHEF VON BAYERS AGRAR-SPARTE.

(RP)
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