Duisburg Bereitschaftsdienst noch wenig bekannt

Duisburg · In der Anrufzentrale der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KV) klingeln die Telefone täglich bis zu 5000 Mal. Das ist dem Betreiber immer noch zu wenig, denn rund ein Drittel aller Patienten sei in Krankenhausambulanzen falsch.

Duisburg: Bereitschaftsdienst noch wenig bekannt
Foto: Ferl

Der Hausarzt macht zu, die Arztrufzentrale macht auf: Jeden Tag nehmen die 150 Mitarbeiter im Großraumbüro an der Duisburger Friedrich-Wilhelm-Straße Tausende Anrufe von Menschen entgegen, die außerhalb der Öffnungszeiten ihres Arztes gesundheitliche Probleme haben. Etwa 753.000 waren es im vergangenen Jahr. Der Betreiber, die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVN), will noch mehr. Noch immer würden die Ambulanzen der Krankenhäuser belastet durch Menschen, die eigentlich keine Notfälle sind, so die KVN.

"Samstag ist bei uns der anrufstärkste Tag", sagt Michael Klein, Geschäftsführer der Arztrufzentrale (ARZ), die für ganz Nordrhein-Westfalen zuständig ist. Feiertags seien es noch mehr, dann hole sich Klein Verstärkung aus externen Callcentern. Seine Mitarbeiter hören das Wort "Callcenter" nicht allzu gerne, geht es doch um Menschen in Not. Gut 457.000 von ihnen erkundigten sich 2016 nach der nächsten Notdienstpraxis oder danach, ob sie überhaupt einen Arzt brauchten. 294.827 Hausbesuche durch Bereitschaftsärzte organisierten die Telefonisten und Disponenten. Rund 11.000 Menschen (1,5 Prozent) leitete die ARZ direkt an den Rettungsdienst weiter.

Laut Klein haben viele Anrufer Probleme mit dem Begriff "Ärztlicher Notdienst". Sie missverstünden den Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst (116 117) als Zentrale für Notrufe, mit denen sich die Patienten aber an den Rettungsdienst (112) wenden müssten.

Duisburg: Bereitschaftsdienst noch wenig bekannt
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Besonders auffällig für Klein: Obwohl eine Bandansage dem Anrufer automatisch sagt, welches der nächste Bereitschaftsarzt ist, warten sehr viele Anrufer, bis sie mit einem Mitarbeiter verbunden sind, dem sie diese Frage dann noch einmal stellen. "Das hat etwas mit der Altersstruktur zu tun", sagt Klein. Ältere Menschen würden häufiger einen persönlichen Ansprechpartner wünschen. Den finden sie in Altenpflegern, Krankenschwestern und Rettungssanitätern, die am ARZ Telefondienst haben. Sie erkundigen sich bei den Anrufern nach ihren Beschwerden und empfehlen dann, ob der Patient die Symptome zunächst weiter beobachten, auf einen Hausbesuch warten, zum Bereitschaftsarzt gehen oder den Rettungsdienst alarmieren soll.

"Rund ein Drittel aller Patienten, die in eine Krankenhausambulanz gehen, gehören eigentlich nicht dahin", sagt Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein. Das bringe Krankenhäuser in die "Bredouille", deren Kapazitäten für lebensbedrohliche Notfälle gebraucht würden. Das sagt auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU): "Viele Patientinnen und Patienten kennen den Notdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen und insbesondere die zentrale Rufnummer 116 117 bisher nicht. Das führt zu einer zunehmenden Inanspruchnahme der Notdienstambulanzen der Krankenhäuser. Hier besteht dann die Gefahr von zu langen Wartezeiten und einer Überlastung der behandelnden Krankenhaus-Ärzte."

Problematisch ist in diesem Zusammenhang laut ARZ-Geschäftsführer Klein auch, dass es für Kliniken keinen finanziellen Anreiz gebe, Patienten gegebenenfalls an die Praxen des Bereitschaftsdienstes zu verweisen, die schon zu 90 Prozent in den Krankenhäusern ansässig seien. "Die KV ist der Kostenträger für jeden ambulanten Notfall, egal, wo er behandelt wird", sagt Bergmann. Er setze sich für eine Umstrukturierung des Bereitschafts-Systems und sogenannten Portalpraxen an den Kliniken ein, in denen die Ärzte des kassenärztlichen Notdienstes und des jeweiligen Krankenhauses abrufbar sein sollen. Die Mehrzahl der Bereitschaftspraxen sei bereits so organisiert oder auf dem Weg dorthin.

Unterstützt wird das Konzept der Portalpraxen auch durch den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV): "Die Notfallversorgung muss sich nach den Bedürfnissen der Patienten richten und nicht nach alten Strukturen. Deshalb müssen niedergelassene Ärzte und Kliniken besser Hand in Hand arbeiten", so Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV.

(bur)
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