Berlin Belastung durch Arznei-Zuzahlungen steigt

Berlin · Die 71 Millionen gesetzlich Krankenversicherten zahlten 2016 vier Milliarden Euro hinzu - 330 Millionen mehr als 2013.

Die Zuzahlungen der gut 71 Millionen Versicherten in den gesetzlichen Krankenkassen sind seit der Abschaffung der Praxisgebühr vor vier Jahren deutlich gestiegen. Schlugen 2013 erst 3,6 Milliarden Euro für Zuzahlungen für Arzneimittel, Krankenhausbehandlungen und sonstige Leistungen zu Buche, waren es im vergangenen Jahr mit knapp vier Milliarden Euro schon fast 330 Millionen Euro mehr. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die unserer Zeitung vorliegt. Demnach zahlte jeder Krankenversicherte 2016 im Schnitt 55,41 Euro hinzu, fast vier Euro mehr als 2013. Dies entspreche einem monatlichen Betrag von durchschnittlich 4,52 Euro.

Bis 2012 waren die Zuzahlungen insgesamt noch um 1,5 Milliarden höher, weil die Versicherten bis dahin auch für ärztliche und zahnärztliche Behandlungen zehn Euro Praxisgebühr pro Quartal entrichten mussten. Sie war Anfang 2013 nach massiven Protesten abgeschafft worden. Wegen steigender Arzneimittelpreise, höherer Krankenhauskosten und mehr ärztlichen Verordnungen nehmen die Belastungen durch Zuzahlungen aber trotzdem spürbar zu. Die Regierung begründet sie so: "Zuzahlungen und Eigenbeteiligungen sollen neben ihrem Finanzierungsbeitrag zum Schutz der Solidargemeinschaft vor Überforderung das Bewusstsein für die Kosten medizinischer Leistungen und die Eigenverantwortung der Versicherten stärken."

Zahlten die Versicherten für Arzneimittel 2013 noch insgesamt zwei Milliarden Euro hinzu, waren es im vergangenen Jahr bereits knapp 2,2 Milliarden Euro. Auch die Zuzahlungen für Heil- und Hilfsmittel kletterten von 670 Millionen im Jahr 2013 auf 790 Millionen Euro 2016.

Das derzeit erhobene Zuzahlungsvolumen entspreche rund 0,3 Beitragssatzpunkten, heißt es in dem Papier. Bezogen auf ein monatliches Bruttoeinkommen von 1000, 2000, 3000 und 4000 Euro ergebe sich eine Kostenbelastung von monatlich drei, sechs, neun und zwölf Euro durch Zuzahlungen.

Dabei ist die Zahl der zuzahlungsbefreiten Versicherten deutlich rückläufig. Waren 2011 noch rund 7,2 Millionen von Zuzahlungen befreit, galt dies 2016 nur noch für 5,6 Millionen Versicherte. Gründe dafür liegen in der hohen Beschäftigung und höheren Durchschnittseinkommen. Dadurch erfüllen heute weniger Menschen die Voraussetzung für eine Zuzahlungsbefreiung. Die Zahl der zuzahlungsbefreiten Arzneimittel ist dem Papier zufolge 2010 bis 2015 drastisch von 12.436 auf nur noch 3664 gesunken.

"Die steigende Belastung durch Zuzahlungen wird für immer mehr Menschen zu einem echten Problem", sagte Linken-Politiker Harald Weinberg. "Gute Versorgung darf nicht vom eigenen Geldbeutel abhängen." Die Zuzahlungen gehörten abgeschafft.

(mar)
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