Düsseldorf Bargeldlose Gesellschaft: Fakt oder Fiktion?

Düsseldorf · Es gibt immer mehr Ideen, teilweise oder komplett auf Bargeld zu verzichten. Was das für eine Gesellschaft bedeuten würde, zeigt die Dokumentation "Bye-bye Bargeld".

Ein voller Einkaufskorb, aber kein Geld in der Tasche? Dank Kreditkarte, EC-Karte und Smartphone ist das heute kein Problem mehr. Bargeldlose Bezahlung ist für viele inzwischen so selbstverständlich geworden wie das tägliche Zähneputzen. Aber ist das haptische Geld deshalb ein veraltetes Konzept? Kommt eine Gesellschaft in Zukunft vielleicht sogar ganz ohne Scheine und Münzen aus? Dieser Frage geht die Dokumentation "Bye-bye Bargeld" von Michael Wech nach, die morgen Abend ab 20.15 Uhr bei 3sat gesendet wird.

Am Beispiel Schwedens, wo kaum noch etwas in barer Münze gezahlt wird, macht die Doku sehr anschaulich, dass und wie eine bargeldlose Gesellschaft funktioniert. Ob der Coffee-to-go für umgerechnet 1,60 Euro oder die Streichhölzer für 50 Cent - in Stockholm wird gewöhnlich digital bezahlt. Selbst die Spende für den kirchlichen Klingelbeutel erfolgt dort inzwischen über mobile Bezahlsysteme. Doch der Bericht bietet mehr als einen Einblick in eine nahezu bargeldlose Gesellschaft. Anhand zahlreicher Experten-Kommentare wird erklärt, warum Schweden Vorreiter auf dem Feld wurde, und zugleich ein Vergleich zu Deutschland gezogen.

Hierzulande liebt man das Bargeld nämlich. Laut Angaben der Deutschen Bundesbank werden 80 Prozent der Einkäufe noch immer bar bezahlt. Bundesweit 83 Mal pro Sekunde spuckt ein Geldautomat Scheine aus. "In Deutschland gibt es keine Bestrebungen, das Bargeld gänzlich abzuschaffen", sagt Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele. Doch auch hier steht das Papiergeld zumindest teilweise auf dem Prüfstand.

So greift die Dokumentation auch aktuelle Diskussionen auf, etwa über die mögliche Abschaffung des 500-Euro-Scheins oder die Einführung einer Obergrenze für Bargeldzahlungen in Deutschland. Dabei kommen nicht nur Befürworter und Gegner zu Wort, der Bericht liefert zudem zahlreiche Hintergrundinformationen, etwa dass die größte Euro-Banknote mehr als 30 Prozent des gesamten Bargeldumlaufs abdeckt, doch nur die wenigsten Verbraucher mit dem Schein in Kontakt kommen.

Sicherheitsaspekte beim digitalen Zahlungsverkehr wie die Anfälligkeit von elektronischen Überweisungen für Hacker-Angriffe werden nicht vernachlässigt. Etwas zu kurz greift die Dokumentation dagegen bei der Aufklärung über die Nutznießer einer bargellosen Gesellschaft sowie in Sachen Datenschutz. So wird zwar erklärt, dass Supermärkte über Bezahl-Apps auch persönliche Daten der Verbraucher ermitteln, die unterschiedliche Haltung beider Länder zum Datenschutz bleibt jedoch unerwähnt. Was deutsche Datenschutzbeauftragte nämlich mächtig nervös macht, ist in Schweden längst Realität: der gläserne Bürger.

Sendeinformation Die Dokumentation "Bye-bye Bargeld" von Michael Wech läuft morgen im Rahmen von "Wissenschaft am Donnerstag" ab 20.15 Uhr auf 3sat.

(beaw)
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