Berlin Banken ignorieren Anlage-Bedürfnisse ihrer Kunden

Berlin · Neun von zehn Produkten entsprechen nicht dem individuellen Bedarf, warnen Verbraucherschützer.

Die von Banken, Sparkassen und anderen Finanzdienstleistern angebotenen Lebensversicherungen, Investmentfonds oder Sparpläne passen in neun von zehn Fällen nicht zum individuellen Bedarf der Verbraucher. Sogar 95 Prozent der angebotenen Geldanlageprodukte "waren nicht im besten Kundeninteresse", heißt es in einer Untersuchung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, die gestern in Berlin vorgestellt wurde. "Dieser Befund weist auf eindeutige Missstände bei der Qualität der Anlageberatung hin", warnte die Verbraucherzentrale im Rahmen ihres Projekts "Marktwächter Finanzen".

Das Projekt war von der Bundesregierung gestartet worden, um den Verbraucherschutz bei Geldanlagen zu verbessern. Für die Untersuchung wurden insgesamt 3864 Anlageprodukte bewertet. Grundlage waren zudem 835 persönliche Geldanlage- und Altersvorsorgeberatungen von Verbraucherzentralen. In diesen Beratungen werden einerseits bei Verbrauchern bereits vorhandene Policen, Sparbriefe und andere Geldanlagen bewertet. Andererseits kommen Verbraucher auch mit Anlagevorschlägen von Banken und Finanzvertrieben in die Beratung, um dazu vor Vertragsabschluss von der Verbraucherzentrale eine zweite Meinung zu hören.

"Die Erkenntnisse aus den bewerteten Beratungsgesprächen sind eindeutig: Verbraucher besitzen viele nicht bedarfsgerechte Produkte." Auch wenn sich Verbraucher von Banken und Finanzvertrieben beraten ließen, passten die vorgelegten Anlagevorschläge "in den allermeisten Fällen nicht zu ihrem individuellen Bedarf", heißt es in der Untersuchung.

In 77 Prozent der untersuchten Fälle besaßen Verbraucher mindestens ein Anlageprodukt, das nicht zu ihnen passte. "Somit ergab sich in drei von vier Fällen Anlass, eine Änderung am bestehenden Vermögens-Portfolio zu empfehlen". Die beiden wichtigsten Gründe: Viele Produkte seien weniger rentabel als vergleichbare Produkte oder im Vergleich dazu zu teuer. Zudem seien viele Produkte zu unflexibel. "Die Ratsuchenden konnten nicht im individuell gewünschten Zeitraum über ihr Kapital verfügen." Etwas weniger häufig komme vor, "dass Anlageprodukte die individuelle Risikobereitschaft des Verbrauchers überstiegen".

Noch schlechter fielen die Ergebnisse aus, betrachte man nur die aktuell angebotenen Anlageprodukte bei Banken, Sparkassen und anderen Vertrieben. Hier erwiesen sich 95 Prozent der Produkte als nicht bedarfsgerecht. "Die überwiegende Mehrzahl der neu angebotenen Produkte war schlichtweg zu teuer", so die Verbraucherschützer. Sie seien zudem unflexibel und unrentabel.

(mar)
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