Düsseldorf Bahn steht noch auf dem falschen Gleis

Düsseldorf · Erstmals seit zehn Jahren verbucht der Konzern mehr als eine Milliarde Euro Verlust.

Düsseldorf: Bahn steht noch auf dem falschen Gleis
Foto: Quelle: DB Siemens AG. Grafik: DPA, Weber

Zumindest zur Bilanzpressekonferenz kommt die Bahn pünktlich. Sogar auf die Sekunde genau betreten der Vorstandsvorsitzende Rüdiger Grube und seine Vorstandskollegen das Berlin Congress Center in Sichtweite von Funkturm und Alexanderplatz. Grube posiert lächelnd für ein paar Fotos vor einem modernen ICE-Modell, dann noch ein Gruppenbild mit dem Rest des Vorstands, anschließend Überleitung zum unangenehmen Teil. Denn so richtig zum Lachen ist bei der Bilanz-Vorstellungen keinem Konzernvertreter: 1,31 Milliarden Euro Verlust hat die Deutsche Bahn im abgelaufenen Geschäftsjahr gemacht, obwohl sie mit mehr als 40,5 Milliarden Euro einen Rekordumsatz verbuchen konnte. "Wir haben nicht das erreicht, was wir uns vorgenommen hatten", sagt Grube selbstkritisch. Auf die Frage eines Journalisten, ob denn zu spät gegengesteuert worden sei, sagt er nur: "Ja, da gibt es nichts zu beschönigen. Hier übernehmen wir als Vorstand auch die Verantwortung, insbesondere was den Schienengüterverkehr betrifft." Bei der "derzeit größten Baustelle" musste das Unternehmen Sonderabschreibungen in Milliardenhöhe vornehmen, die allerdings aus dem erwarteten eingetrübten Geschäft herrühren.

Um Beschönigung geht es denn auch nicht in der einstündigen Veranstaltung, aber um die Suche nach weiteren Schuldigen. Denn so ganz allein will das Management die Verantwortung dann doch nicht auf sich laden. So ist es insbesondere die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), die aus Sicht des Vorstandschefs mitverantwortlich ist. Schließlich hatte sie mit massiven Streiks ihren Einfluss bei der Bahn ausgebaut. Das operative Ergebnis sei 2015 durch die Streiks um mehr als 310 Millionen Euro belastet worden, sagt Grube. Im Schienengüterverkehr hätten sich viele Kunden während der Arbeitskämpfe an andere Transporteure gebunden. "Wir verzeichnen durch den Streik noch immer Umsatzeinbußen von acht bis zehn Prozent." Tatsächlich ging die Verkehrsleistung in diesem Bereich um 4,3 Prozent zurück. Ein Jobabbau gilt als sicher.

Es ist nicht das letzte Mal, dass der Vorstand die GDL-Streiks in Zusammenhang mit dem schlechten Ergebnis bringt. Und auch wenn Finanzvorstand Richard Lutz sagt, dass er mit einem besseren operativen Ergebnis rechnet, weil die Streiks ja nun wegfallen. So richtig glauben mag man ihm das nicht. Schließlich stehen ab Mitte des Jahres erneut Lohnverhandlungen sowohl mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, als auch mit eben jener gescholtenen GDL an. Dass diese alles andere als konfliktfrei ablaufen werden, dafür liefert Lutz den Vorwand gleich selbst, als er die starken Lohnanpassungen der vergangenen Jahre anspricht. Diese "korrelieren nicht mehr mit der Zahlungsbereitschaft der Kunden". Nach großen Lohnspielräumen und einer schnellen, konfliktfreien Tarifrunde klingt das nicht.

Dabei ist die Qualitätsoffensive für die Bahnreisenden doch erklärter Bestandteil von Grubes Strategie "Zukunft Bahn", mit der er den Konzern zurück aufs Gleis bekommen will. So sollen etwa alle ICE bis Jahresende mit kostenfreiem W-Lan in der zweiten Klasse ausgestattet sein. "Wir liegen da im Zeitplan", sagt Verkehrs-Vorstand Berthold Huber. Allerdings gilt der Begriff "kostenfrei" wohl nur bedingt, also nur für ein bestimmtes Datenvolumen. Wer dieses verbraucht hat, muss dann doch zahlen oder mit gedrosseltem Tempo weitersurfen.

Bei den angedachten kostenfreien Platzreservierungen in der zweiten Klasse trat Huber auf die Bremse. Diese kämen frühestens 2017 - "wenn überhaupt". An der Praxis der 19-Euro-Spartickets auf bestimmten Strecken im Fernverkehr hält der Konzern fest. Anzeigentafeln sollen verbessert werden. Zudem will die Bahn sich im Regionalverkehr nicht zu sehr von den Privatbahnen bedrängen lassen. Die hatten dem Konzern zuletzt mehrere Strecken abgeluchst. In diesem Bereich kündigte Huber an, werde man den Marktanteil von derzeit 80 zumindest bei 70 Prozent stabilisieren. Für das laufende Jahr erwartet Finanzvorstand Lutz unterm Strich ein Jahresergebnis von 500 Millionen Euro bei einem Umsatz von 41,5 Milliarden Euro.

(maxi)
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