Berlin Atomfonds soll 2017 Gesetz werden

Berlin · Die Stromkonzerne kritisieren den Preis für den Entsorgungspakt als zu hoch.

Die Bundesregierung will die Vorschläge der Expertenkommission zur Finanzierung des Atomausstiegs zügig in Gesetzesform bringen und bis zum Frühjahr 2017 durch den Bundestag bringen. Der Bundesrat soll nicht zustimmen. Geplant seien lediglich Einspruchsgesetze, hieß es in Koalitionskreisen. Die Kommission mit 19 Mitgliedern aus Gewerkschaften, Wirtschaft, Wissenschaft und Parteien hat gestern einstimmig ein Konzept vorgelegt, wie die Finanzierung der Atommüll-Lagerung künftig funktionieren soll. Darüber hatte sie zuvor wochenlang mit Vertretern der vier Atomkonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW verhandelt.

Vorgesehen ist nun die Gründung eines neuen staatlichen Atomfonds, der für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls zuständig sein soll. In diesen Fonds sollen die Konzerne insgesamt 23,342 Milliarden Euro überweisen. Die Summe setzt sich zusammen aus der Hälfte der in ihren Bilanzen zur Entsorgung des Atommülls gebildeten Rücklagen. Hinzu kommt ein Risikoaufschlag, den die Unternehmen zusätzlich leisten sollen, weil sie sich damit endgültig von der Haftung für den Atommüll freikaufen. Die andere Hälfte der Rücklagen sollen die Konzerne für den Rückbau der Atomkraftwerke einsetzen, für den sie zuständig bleiben.

Über die Höhe des Risikoaufschlags wurde bis zuletzt hart gerungen. Die Konzerne hatten zu Beginn der Woche nur 21,8 Milliarden Euro bezahlen wollen, die Kommission hatte ursprünglich einen Betrag von über 25 Milliarden Euro angestrebt. Es habe "sehr aggressives Lobbying bis in die Nacht" gegeben, berichtete Kommissionschef Jürgen Trittin (Grüne). Der Co-Vorsitzende Matthias Platzeck (SPD) ergänzte: "Wir mussten die Handys sehr weit weg legen, um schlafen zu können."

Der "Entsorgungspakt" stieß auf ein geteiltes Echo. Die Konzerne selbst kritisierten den Preis als zu hoch. Auch NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) sagte: "Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum es nicht gelungen ist, eine einvernehmliche Lösung mit den Unternehmen zu finden." Jetzt drohten "endlose Debatten und Schuldzuweisungen, falls es zu weiteren Verschlechterungen der Lage bei den Erzeugern kommen sollte", warnte Duin.

Völlig anders fiel das Urteil bei Greenpeace ("teurer Ablasshandel") und den Grünen aus. "Die Summe liegt deutlich unter dem, was Grüne gefordert hatten und was angemessen wäre", sagte die atompolitische Sprecherin Sylvia Kotting-Uhl. Die Kommission habe wegen der Versäumnisse der Konzerne und der Politik "nur noch retten können, was zu retten ist". Die Konzerne müssten jetzt ihre Klagen gegen den Atomausstieg fallen lassen.

(mar)
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