Berlin Atom-Stiftung soll Rückstellungen sichern

Berlin · Eons Abspaltung der Atomkraftwerke alarmiert Wirtschaftsminister Gabriel. Gutachter halten einen externen Fonds für nötig und möglich.

Berlin: Atom-Stiftung soll Rückstellungen sichern
Foto: Radowski

Die Bundesregierung will die Milliarden-Rückstellungen von Eon, RWE, Vattenfall und EnBW für den Rückbau der Kernkraftwerke und die Atommüll-Entsorgung besser absichern. Dazu sollen noch in dieser Wahlperiode gesetzliche Grundlagen geschaffen werden. Die Regierung prüfe den Aufbau eines externen Fonds oder einer öffentlich-rechtlichen Stiftung, in die die Rückstellungen schrittweise ausgelagert werden könnten, heißt es in einem Brief von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) an die Regierungsfraktionen. Gabriel beruft sich dabei auf ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten.

Die Gutachter kommen zu dem Schluss, dass die Rückstellungen von 36 Milliarden Euro nicht vor einer möglichen Insolvenz gesichert sind. Die Pleite eines Konzerns halten sie wegen des nahenden Atomausstiegs nicht für ausgeschlossen. Für problematisch halten die Gutachter auch die von Eon geplante Abspaltung der Atomkraftwerke in eine neue Gesellschaft, auch wenn diese die Rückstellungen erhält. Die Gutachter der Kanzlei Becker Büttner Held betonen, dass eine Konzernmutter (also Eon) nur fünf Jahre nach Abspaltung für Verbindlichkeiten ihrer Tochter haftet: "Dies könnte von den Betreibergesellschaften genutzt werden, um sich von Nuklearverbindlichkeiten zu befreien." Daher bestehe Handlungsbedarf. Man könne die Haftung der Konzernmutter gesetzlich bis 2022 oder darüber hinaus verlängern, hieß es in Berlin.

Die Gutachter schlagen vor, die Rückstellungen in einen externen Fonds auszulagern. Als Vorbild beschreiben sie die RAG-Stiftung, die die Konzerne selbst inoffiziell ins Gespräch gebracht hatten. Die Kohle-Stiftung verwaltet ein Vermögen, aus dem nach 2018 die Ewigkeitskosten des Bergbaus bezahlt werden. 2007 hatten die früheren RAG-Aktionäre Eon, RWE, ThyssenKrupp ihre Anteile an der RAG an die Stiftung übertragen und sind seither auch die Ewigkeitskosten los.

Der Atom-Fonds verstößt nach Meinung der Gutachter auch nicht gegen das Grundgesetz (Artikel 12 oder Artikel 14) - wenn es für die Konzerne hinreichend Fristen gibt, die Milliarden zu überführen, die derzeit in Netzen und Kraftwerken stecken. Ob dies die Konzerne auch aus der Haftung für den Atommüll entlasse, sei eine politische Entscheidung. Denkbar sei eine Nachschusspflicht der Konzerne, hieß es in Berlin, für den Fall, dass das Geld nicht lange. Alternativ schlagen die Gutachter vor, die Rückstellungen in internen Fonds bei den Konzernen einzufrieren.

Michael Müller, Chef der Endlager-Kommission, mahnte, auch über das Volumen zu sprechen: "Die Rückstellungen sind nicht nur unsicher, sie sind wahrscheinlich auch zu niedrig. Sie müssten, wenn wir wie in der Schweiz zu Werke gingen, deutlich höher, eher bei 60 Milliarden Euro liegen", sagte er unserer Zeitung. RWE und Eon halten ihre Rückstellungen für ausreichend. Man sei aber bereit zu Gesprächen mit der Politik, so die Konzerne.

(mar)
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