Arbeitszeitgesetz Metall-Arbeitgeber wollen starre Ruhezeiten lockern

Düsseldorf · Weil der NRW-Arbeitsminister Änderungen am Arbeitszeitgesetz ablehnt, wirft Metall NRW ihm vor, er verschließe sich der Realität. Der Interessenverband verweist auf die fortschreitende Digitalisierung und spricht von einem "Arbeitszeitenregime, das aus dem letzten Jahrtausend stammt."

 Das starre Ruhezeitengesetz sei nicht mehr zeitgemäß, kritisieren die Arbeitgeber.

Das starre Ruhezeitengesetz sei nicht mehr zeitgemäß, kritisieren die Arbeitgeber.

Foto: dpa, pag sab fdt

Die Metall-Arbeitgeber in NRW drängen auf Änderungen beim Thema Arbeitszeit. "Aufgrund der voranschreitenden Digitalisierung werden wir einen rasanten Wandel der Arbeitsbedingungen bekommen - insbesondere der Arbeitszeit", sagte der Hauptgeschäftsführer von Metall NRW, Luitwin Mallmann, unserer Redaktion. "Zugleich ist die Generation Y in den Betrieben angekommen. Die erwarten viel mehr Flexibilität. Beides zusammen stellt uns vor große Herausforderungen."

Der Verband hat eine Umfrage unter seinen Mitgliedsbetrieben in NRW durchgeführt: 75 Prozent erklärten dabei, sie rechneten damit, dass ihre Mitarbeiter während ihres Berufslebens flexibler sein wollen - etwa für Kinderbetreuung oder die Pflege eines Angehörigen. "Problem nur: Wir haben ein Arbeitszeitregime, das aus dem letzten Jahrtausend stammt - das gilt sowohl für die tariflichen Regelungen, als auch die gesetzlichen", so Mallmann.

60 Prozent der Firmen sind unzufrieden mit bestehenden Tarifverträgen

60 Prozent der befragten Firmen erklärten, die Tarifverträge böten nicht genügend Spielraum für den flexibleren Einsatz des Personals. "Wir müssen uns als Tarifvertragspartei darum kümmern und den Flächentarifvertrag anpassen", sagte Mallmann. Es gehe darum die Bedürfnisse der Beschäftigten mit dem Bedarf der Betriebe in Übereinstimmung zu bringen. "Es darf aber nicht sein, dass die Produktivität sinkt, dass die Kosten steigen und wir am Ende bei der Wettbewerbsfähigkeit zurückfallen." Der Spielraum sei groß genug für eine Lösung, von der beide Seiten profitieren. "Ich warne allerdings davor, das Thema mit der normalen Entgelt-Tarifverhandlung zu verknüpfen. Eine solche Regelung kann man nicht erstreiken. Das ist viel zu kompliziert", so Mallmann.

Aber auch der Gesetzgeber sei gefragt. "Die IG Metall tut ja regelmäßig so, als wollten wir den ständig erreichbaren Mitarbeiter haben, der dann am Ende ausgequetscht ist wie eine Zitrone. Das kann doch gar nicht in unserem Interesse sein." Die Unternehmen seien doch darauf angewiesen, dass die Beschäftigten möglichst ein ganzes Arbeitsleben lang für sie an Bord seien. "Wir benötigen aber Korrekturen bei den Ruhezeiten und der Arbeitshöchstdauer." Wo Arbeitszeitbegrenzungen einen konkreten Sicherheitshintergrund hätten, müssten diese auch streng eingehalten werden - etwa beim konzentrierten Bedienen schwerer Maschinen.

Bestehendes Gesetz unterscheide nicht zwischen sicherheitsrelevanten Tätigkeiten und anderen

"Wir leisten uns aber ein Arbeitszeitgesetz, das diese Unterscheidung zwischen sicherheitsrelevanten Tätigkeiten und anderen nicht macht", sagte Mallmann. Das müsste der Gesetzgeber angehen. Kritik übte er an der NRW-Regierung: "Es ist schon recht bedenklich, dass sich der NRW-Arbeitsminister auf ein Podium setzt und erklärt: ,Am Arbeitszeitgesetz wird kein Jota verändert.' Ich halte es für gefährlich, wenn sich ein Arbeitsminister derart stark der Realität verschließt", so Mallmann. "Wir leben nicht mehr im letzten Jahrhundert. Die Arbeitsbedingungen sind andere."

Wenn ein Mitarbeiter abends von zu Hause aus noch einmal eine Stunde lang seine E-Mails abarbeitet, dann sei er nach der geltenden Rechtslage verpflichtet, elf Stunden Pause zu machen. "Wo die Mitarbeiter ihre Arbeitszeit selbst bestimmen, passen die Regelungen aus dem vergangenen Jahrhundert nun wirklich nicht mehr", so der Metall-NRW-Vertreter.

"Die Realität hat die Gesetzeslage überholt"

Vielfach werde heute schon länger gearbeitet. "Die Realität hat die Gesetzeslage überholt. Damit Arbeitgeber nicht mit einem Bein im Kittchen stehen, muss die Politik rasch handeln." Auch im Sinne der Beschäftigten: 77 Prozent der von Emnid befragten Mitarbeiter gaben an, dass sie bereit seien, länger als die gesetzlich erlaubten zehn Stunden zu arbeiten.

Die IG Metall wollte die Ergebnisse der Studie zunächst nicht kommentieren. Sie arbeitet derzeit selbst an einer groß angelegten Beschäftigten-Befragung, die sie Ende April präsentieren will.

(maxi)
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