Berlin Arbeitslosigkeit Hauptgrund für Schulden

Berlin · Das Statistische Bundesamt hat die Lage von 647.000 Menschen analysiert, die im vergangenen Jahr eine Schuldner- und Insolvenzberatung in Anspruch genommen haben. Meist sind Schicksalsschläge für die roten Zahlen verantwortlich.

Berlin: Arbeitslosigkeit Hauptgrund für Schulden
Foto: Weber

Die Konjunktur läuft, die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie seit 25 Jahren nicht mehr, und auch bei den Löhnen gab es zuletzt satte Steigerungen. Dennoch geraten Millionen von Bürgern in die Schuldenfalle. Im vergangenen Jahr suchten 647.000 Personen wegen ihrer finanziellen Nöte Rat bei Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen, wie das Statistische Bundesamt gestern bekannt gab.

Die Zahl der überschuldeten Haushalte in Deutschland liegt allerdings noch sehr viel höher. Die Unternehmensgruppe Creditreform, die jährlich einen Schuldenatlas für Deutschland erstellt, kommt auf 6,7 Millionen überschuldete Bürger. Das sind knapp zehn Prozent der über 18-Jährigen. In diese Statistik einbezogen werden Menschen, die eine Privatinsolvenz anmelden, einen Offenbarungseid leisten oder drei Mahnungen von drei verschiedenen Gläubigern missachtet haben.

Die Ursachen für die Überschuldung liegen oft in privaten Schicksalsschlägen. Die landläufig verbreitete Meinung "Wer überschuldet ist, ist selbst schuld" stimmt nach Analyse des Statistischen Bundesamtes nicht. Die Schuldnerberater nannten demnach als Hauptgrund für die roten Zahlen auf dem Privatkonto Arbeitslosigkeit, gefolgt von Krankheit, Sucht oder Unfall. An dritter Stelle stehen Trennung, Scheidung oder Tod des Partners. Erst danach in nur elf Prozent der Fälle liegt es den Statistikern zufolge am falschen Konsumverhalten oder an unwirtschaftlicher Haushaltsführung, dass ein Schuldner sich nicht mehr allein von seiner Last befreien kann.

Überproportional häufig sind alleinerziehende Frauen und alleinlebende Männer von Überschuldung betroffen. Betrachtet man das Alter der Schuldner, finden sich in der Gruppe der 25- bis 44-Jährigen überdurchschnittlich viele Personen, die in der Schuldenfalle stecken. Allerdings gelten jüngere Menschen auch bei nicht sehr hohen Summen schnell als überschuldet. So lagen die Verbindlichkeiten bei den 18- bis 24-Jährigen, die im vergangenen Jahr eine Schuldnerberatung aufsuchten, bei rund 7900 Euro. Am höchsten war die Schuldenlast bei den 45- bis 54-Jährigen, die in eine Schuldnerberatung kamen, mit rund 51.000 Euro.

Die meisten Schulden haben die Betroffenen bei Banken, öffentlichen Gläubigern und Inkassobüros. Erst dann folgen offene Handwerkerrechnungen, Mietschulden sowie unbezahlte Telefon-, Versandhaus- und Stromrechnungen. Auffällig bei den Jüngeren: Sie stehen sehr häufig bei Telefonanbietern in der Kreide. Die unter 25-Jährigen mit Schuldenproblemen hatten durchschnittlich 1200 Euro an Telefonrechnungen nicht beglichen.

Unionsfraktionsvize Gitta Connemann (CDU) warnte vor einer "Generation Schuldnerberatung". Spätestens in der Schule sollten Jugendliche das nötige Rüstzeug erhalten - entweder im Rahmen eines eigenen Schulfachs für Verbraucherbildung oder durch Einbettung in den Lehrstoff anderer Fächer.

Wie gravierend die Schuldenprobleme der Ratsuchenden sind, messen die Schuldnerberater am Verhältnis von Schulden und Monatseinkommen. Nach diesem Maßstab waren Männer höher verschuldet als Frauen. So müssten die überschuldeten Männer 37 Monatseinkommen zurückzahlen, um ihre Gläubiger zu befriedigen, während es bei Frauen im Durchschnitt 28 Monatseinkommen sind.

(qua)
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