Berlin Arbeitgeber warnen vor Abgaben-Explosion

Berlin · Stark steigende Sozialbeiträge bis 2040 könnten laut einer Prognos-Studie bis zu 600.000 Jobs kosten.

Deutlich steigende Sozialabgaben in den Jahren bis 2040 bedrohen nach einer von den Arbeitgebern vorgelegten neuen Studie Hunderttausende Arbeitsplätze in Deutschland. Da die Bevölkerung rapide altern werde, müssten die Ausgaben der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung deutlich steigen. Ohne politische Eingriffe dürften die Beitragssätze für alle Zweige der Sozialversicherung zusammen von derzeit 39,95 Prozent des Bruttolohns allein wegen dieses Alterungseffekts bis 2040 auf 48,8 Prozent steigen, heißt es in der Studie des Baseler Prognos-Instituts. Da aber die Parteien in ihren Wahlprogrammen sogar weitere Leistungsverbesserungen versprächen, drohe ein noch höherer Anstieg auf bis zu 55,5 Prozent. Das würde dann knapp 600.000 Jobs im Vergleich zum Stand heute kosten.

Die Entwicklung der Sozialabgaben wird in der Tat eines der zentralen politischen Themen der Zukunft sein müssen. Denn die Rentenreformen der vergangenen Jahre begrenzen den Anstieg der Beitragssätze und des Rentenniveaus lediglich bis 2030. Für die Zeit danach müssen politische Lösungen erst noch gefunden werden. Für die Krankenversicherung fehlen kostenbegrenzende Maßnahmen fast gänzlich.

Jeder zusätzliche Beitragspunkt koste bis 2040 rechnerisch etwa 90.000 Arbeitsplätze im Vergleich zum Stand heute, da steigende Sozialbeiträge die Arbeitskosten erhöhten, so das Prognos-Institut. Dieser Zusammenhang gelte auch in Zeiten des Fachkräftemangels. Bei konstanten Beitragssätzen gäbe es 2040 rund 400.000 Arbeitsplätze mehr. Die Arbeitgeber, die etwas weniger als die Hälfte der Beitragslast schultern, lehnten die Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung ab. Allein das würde 130.000 Jobs kosten.

Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, warnte vor den Wahlprogrammen der Parteien. Diese ignorierten die hohe Kostendynamik. Sie versprächen sogar noch mehr Leistungen. So wolle etwa die SPD das Rentenniveau bei 48 Prozent einfrieren, die CSU höhere Mütterrenten aus Beiträgen finanzieren. Er warb für einen neuen gesellschaftlichen Konsens über die Maßnahmen, die getroffen werden müssten, um die Lohnnebenkosten bei 40 Prozent des Bruttolohns zu halten. "Die weitaus größere Dynamik liegt nicht bei der Rente, sondern beim dynamisch steigenden Ausgabenpotenzial in der gesetzlichen Krankenversicherung." Für jede neue Leistung müsse an anderer Stelle eine gekürzt werden, forderte Kampeter.

Positiv wirkt nach Daten der Rentenversicherung die Zuwanderung: Die Zahl der Beitragszahler mit einem ausländischen Pass ist demnach zwischen 2008 und 2015 um 53 Prozent oder 1,7 Millionen gestiegen. Die Sozialausgaben insgesamt springen nach einem Bericht des Arbeitsministeriums von derzeit 918 Milliarden Euro im Jahr 2021 erstmals über die Billionen-Grenze.

(mar)
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