Weiterer Streit droht Dobrindt sperrt sich gegen Fernbus-Maut

Berlin/Düsseldorf · Der Bundesverkehrsminister erteilt der geforderten Ausweitung der Lkw-Maut eine Absage. Der Fernbusmarkt steht vor ersten Umbrüchen.

Für Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) droht nach dem Debakel um die Pkw-Maut nun weiterer Streit mit den Ländern. Parteiübergreifend fordern Verkehrspolitiker aus Union, SPD und von den Grünen eine Ausweitung der Lkw-Maut auf Fernbusse. Wenn nach der Lkw-Maut wie geplant auch die Pkw-Maut eingeführt werde, könnten Busunternehmer nicht die einzigen Verkehrsteilnehmer sein, die diese Abgabe nicht zahlten, hatte Bayerns Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) der "Süddeutschen Zeitung" gesagt. Die Absage kam prompt: "Innerhalb der Bundesregierung gibt es aktuell keine Pläne, eine Fernbus-Maut umzusetzen", sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums.

Herrmann hatte dafür plädiert, man sollte bei der noch nicht terminierten Einführung der Pkw-Maut "einen geeigneten Weg finden, die Busbranche gerecht in das System einzubinden". Rückendeckung erhält er vom Vorsitzenden des Verkehrsausschusses im Bundestag, Martin Burkert (SPD). "Ich unterstütze die Forderung aus Bayern, die Lkw-Maut auch auf Fernbusse auszuweiten", sagte dieser unserer Zeitung. Er wundere sich, "dass der Bundesverkehrsminister sich quer stellt und den Landesverkehrsminister der eigenen Partei düpiert".

Mit Blick auf die Warnungen des Busverbandes BDO vor einer Wettbewerbsbremse entgegnete Burkert, eine Maut käme den Fernbussen zugute: "Unser Modell von 0,4 Cent pro Personenkilometer ist dafür gedacht, dass die Mittel für den Aufbau einer Fernbus-Infrastruktur in den Städten genutzt werden." So könnten etwa Busbahnhöfe aufgebaut werden. Das hätten die Unternehmen bisher nicht geleistet, sie würden also von der Maut profitieren, so Burkert. Das Bundesverkehrsministerium geht sogar nur von 0,2 Cent pro Fahrgast und Kilometer aus. Der Preis für eine Fahrkarte würde sich pro 100 Kilometer also um 20 Cent erhöhen.

Außerdem sprach sich Burkert für die Schließung der letzten Maut-Lücke aus: Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen dürfen Autobahnen und Bundesstraßen bisher kostenfrei nutzen. "Wir brauchen in der nächsten Legislatur hierfür eine Lösung." Derzeit gebe es für Hersteller von Fünf-Tonnen-Lkw ein sehr gutes Geschäft. "Für unsere Straßen und das Verkehrsaufkommen bedeutet das aber keine gute Entwicklung und eine Schieflage am Markt."

Seit der Liberalisierung des Fernbus-Marktes Anfang 2013 wächst die Zahl der Linien und Passagiere rasant. Die Fahrgastzahlen erhöhten sich von drei Millionen innerhalb eines Jahres auf 8,3 Millionen Fahrgäste 2013. Dieses Jahr rechnet das Verkehrsministerium mit einem Anstieg auf 25 Millionen Passagiere. Die Zahl der Linien hat sich seit der Liberalisierung verfünffacht, ebenso die Zahl der Fahrten pro Woche.

Experten rechnen allerdings damit, dass der Boom sich verlangsamt. "Das Fernbus-Netz in Deutschland ist mittlerweile gut ausgebaut. Ein fortgesetztes exorbitantes Wachstum ist daher nicht zu erwarten", erklärt Christoph Gipp, Geschäftsführer des IGES-Institutes, das regelmäßig Studien zum Fernbusmarkt erstellt. Die Busunternehmen würden sich daher dem Ausland zuwenden, damit sie weiter wachsen könnten.

Der deutsche Marktführer MeinFernbus Flixbus ist mittlerweile in vierzehn Ländern jenseits der Grenze unterwegs. 88 der über 400 Ziele befinden sich im Ausland. Dabei werden nicht nur Fahrten aus und nach Deutschland angeboten, sondern auch Inlandsverbindungen jenseits der Grenze. Nach einem eigenen Netz in Italien ist eines in Frankreich geplant, wo gestern eine Reform des Fernbus-Marktes in Kraft trat. Auch Konkurrenten wie Postbus, der von der Bahn betriebene IC Bus oder der britische Megabus bauen ihre internationalen Verbindungen weiter aus.

Die Ausweitung der internationalen Fahrten komme vor allem den Verbrauchern zugute, erklärt Mobilitätsexperte Gipp: "Die Fahrgäste habe eine breitere Auswahl von Strecken zu vergleichsweise niedrigen Preisen." Die Busfahrten ins Ausland würden nämlich oft deutlich weniger als die Reise mit Bahn oder Flugzeug kosten, allerdings dauerten sie bei größeren Entfernung deutlich länger und seien weniger komfortabel, sagt Gipp.

Ein Check im Internet bestätigt das: So bezahlen zum Beispiel Fahrgäste von Düsseldorf aus 14 Euro nach Brüssel (drei Stunden), 33 nach Mailand (13 Stunden) und 40 nach Paris (neun Stunden).

(jd)
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