Umsatzrückgänge bei Aldi, Lidl und Co. Deutschlands Discounter beklagen Käuferschwund

Düsseldorf · Offenbar reicht "billig" alleine nicht mehr, um Kunden anzulocken. Das spüren Deutschlands Discounter immer deutlicher.

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2013: "Goldener Windbeutel" für dreiste Werbungen

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Foto: foodwatch

Nach einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) büßten die Billiganbieter allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres zwei Prozent Umsatzvolumen ein. In den "klassischen Supermärkten" lief das Geschäft dagegen bombig.

Die einst so erfolgsverwöhnten Billigheimer leiden unter akutem Kundenschwund. "Käuferverluste sind einer der Hauptgründe für die anhaltende Umsatzschwäche dieser Vertriebsschiene", bilanziert die GfK. Daran habe auch der von den Discountern in den vergangenen Monaten angezettelte Preiskampf bei Markenartikeln nichts ändern können.

Dennoch wäre ein Abgesang auf die Billiganbieter verfrüht. Denn Aldi, Lidl und Co. sind gerade dabei, sich im Kampf um die immer anspruchsvoller werdenden Kunden neu zu erfinden. Das spiegelt sich im Ladendesign, im Warenangebot, aber auch im Umgang mit den Kunden.

Lange vorbei ist die Zeit, in der es für die Discounter ausreichte, in einem kargen Laden günstige Ware in vernünftiger Qualität aufzutürmen. Inzwischen investieren Aldi und Co. Millionen in ihr Image und in Serviceangebote, die Discount-Manager alter Schule als überflüssige Spielereien abgetan hätten.

Eine Folge: Die Läden werden immer aufwendiger. "Sowohl Aldi als auch Lidl erproben derzeit Formate, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wären" urteilt das Fachblatt "Lebensmittel Zeitung". So präsentiere sich die gerade eröffnete Filiale von Aldi Süd in Karlsdorf-Neuthard bei Karlsruhe nicht nur in neuem Design mit hellem Holz, sondern biete mit einer Kundentoilette und einer Sitzbank mit Kaffeeautomat hinter der Kassenzone auch einen bislang nicht üblichen Service.

Und in Lidls neuesten Märkten im italienischen Verona erinnert erst recht kaum noch etwas an klassische Discounter-Ästhetik. Das Design des Aldi-Konkurrenten orientiert sich unübersehbar an dem klassischen Supermärkten - und zwar nicht an den billigsten. Selbst eine Wickelecke für Kleinkinder ist vorhanden.

Auch das Warengebot der Discounter ist seit Jahren im Wandel. Backstationen, Frischfleisch und Fisch aus der Kühltheke sowie immer mehr Markenartikel in den Regalen sollen für die Kunden den zusätzlichen Besuch im Supermarkt überflüssig machen - und setzen nebenbei Bäckern und Metzgern zu.

Zudem beschränkt sich die Werbung längst nicht mehr auf großformatige Zeitungsannoncen und Handzettel mit Aktionsangeboten. Lidl investierte in diesem Jahr Millionen in Fernsehwerbespots unter dem Motto "Was gut ist", die nicht in erster Linie Produkte verkaufen, sondern das Image des Unternehmens aufwerten sollten.

Aldi Süd bietet inzwischen seinen Kunden an rund 50 Filialstandorten die Möglichkeit, ihre Elektroautos kostenfrei an Schnellladestationen aufzufüllen. Auch wenn die Elektrotankstellen durchschnittlich pro Tag nur ein bis zwei Ladevorgänge verzeichnen, ist so viel Umweltbewusstsein gut fürs Image.

Verstärkt wendet sich das Unternehmen auch der Zielgruppe Kinder zu: Mit Sammelkarten und seit dieser Woche auch mit der Website aldilino.de, auf der nach Unternehmensangaben "kindgerechte Unterhaltung bei gleichzeitiger Wissensvermittlung" für Kinder von fünf bis zwölf angeboten werden soll. Das Unternehmen will damit offenbar Kinder und junge Familien wieder stärker an sich binden. Für Jugendliche bietet der Discounter in Zusammenarbeit mit dem Streaming-Anbieter Napster für kleines Geld einen Musik-Dienst.

Auch wenn sie im Moment eine Schwächephase haben: Niemand sollte die Discounter unterschätzen.

(felt/dpa)
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