Düsseldorf ADAC warnt vor Allwetterreifen im Winter

Düsseldorf · Experten empfehlen die Fahrt mit Winterreifen von Oktober bis Ostern. Viele greifen trotzdem zu Ganzjahresreifen. Doch dabei gibt es einen Haken.

Düsseldorf: ADAC warnt vor Allwetterreifen im Winter
Foto: Ferl

Sie sind zwar keine "Spezialisten", dafür spart man sich einen Reifenwechsel: Ganzjahresreifen versprechen weniger Aufwand und einen guten Kompromiss zwischen Sommer- und Winterreifen. Gerade im zuletzt recht schneearmen Rheinland wirkt das für viele attraktiv. Auto- und auch Kraftradfahrer sollten sich aber gut überlegen, ob sie auf die Allzweckwaffe setzen, denn wenn es doch schneit, sind Winterreifen Pflicht - und nicht jeder Ganzjahresreifen erfüllt die gesetzlichen und vom ADAC empfohlenen Anforderungen.

"Profiltiefe ist nicht alles", betont Katja Legner vom ADAC. Vorgeschrieben ist bei Winterreifen ein Profil von mindestens 1,6 Millimetern. Der Automobil-Club empfiehlt jedoch, Reifen mit wenigstens vier Millimetern Profiltiefe zu fahren. "In Österreich ist die Definition ,Winterreifen' überhaupt erst ab vier Millimetern zulässig", erklärt Legner zum Vergleich. Doch es kommt noch auf andere Dinge an: Auch das Verhalten der Gummi-Mischung bei verschiedenen Temperaturen habe Einfluss auf Fahreigenschaften und Bremsweg. Gebrauchte Reifen sollte man besser nicht kaufen, sagt Legner: "Man weiß nie, wie der Vorbesitzer damit umgegangen ist." Schon eine kräftige Fahrt über einen Bordstein könne zu äußerlich nicht sichtbaren, aber gefährlichen Brüchen im Reifen führen. Auch Reifen, die älter als acht Jahre alt sind, sollten nicht mehr verwendet werden, empfiehlt der ADAC.

Dabei sollte man nicht blind zu Markenreifen greifen: Unter den vom ADAC getesteten Reifen sind Bridgestone, Pirelli und Goodyear durchaus auch bei den Verlierern zu finden. Kein einziger der 28 Test-Reifen schaffte ein "sehr gut", was Legner auch mit den Maßstäben begründet, die der ADAC ansetzt, um die Reifenhersteller zur Weiterentwicklung ihrer Modelle zu drängen: "Den perfekten Reifen gibt es noch nicht." Die besten Ergebnisse bei den Winterreifen erzielten Dunlop und Goodyear, bei den Ganzjahresreifen führt Michelin - allerdings mit Abstrichen (siehe Grafik).

Die Testsieger unter den Allwetterreifen sind der Michelin CrossClimate XL und der Vredestein Quatrac 5, die sich die gerade noch "befriedigende" Note 3,4 teilen. Das sind zwar bessere Ergebnisse als vor einigen Jahren, ist allerdings immer noch ein Zeichen dafür, dass Ganzjahresreifen zwar viel können, aber nichts richtig gut. "Ein solcher Reifen muss auf Eis und Schnee, bei Nässe und sommerlichen Temperaturen gut abschneiden, nicht nur in einem der Testbereiche", sagt Legner. Komme ein Modell auf einem der Felder nicht über die Note 3,4, könne auch das Gesamtergebnis für diesen Reifen nicht besser ausfallen.

Bei Polizeikontrollen gelten bei winterlichem Wetter nur reine Winterreifen und Ganzjahresreifen mit der Prägung M+S (Matsch und Schnee) als zulässig. Wer sich mit seinen Sommerreifen durch den Schnee pflügt, riskiert ein Bußgeld. Bei einem Unfall sind es 120 Euro, eine Anzeige und ein Bußgeld in Höhe von mindestens 60 Euro gibt es immer. Hinzu kommt laut ADAC, dass die Haftpflichtversicherung im Schadensfall die Zahlung verweigern könnte, wenn der versicherte Autofahrer trotz Schneematsch keine Winterreifen aufgezogen hat.

Die abschreckende Wirkung scheint sich allerdings in Grenzen zu halten: "Ich sehe selbst im Januar noch viele Autos mit Sommerreifen", sagt André Hartwich vom Polizeipräsidium Düsseldorf. Nach Einführung der neuen Pflichtregelung 2010 hätten sich fast alle Autofahrer Winterreifen besorgt, dieser "Hype" habe jedoch nachgelassen. Glaubt man Hartwich, könne das nicht an den Kosten liegen: "Der Mythos, dass Winterreifen nur 1000 Kilometer halten, ist längst widerlegt."

Als Faustregel empfiehlt der ADAC, von Oktober bis Ostern mit Winterreifen zu fahren - auch wenn die ersten Monate schneefrei bleiben. Denn Sommerreifen schneiden bei kälteren Temperaturen in punkto Fahreigenschaften und Bremsweg schlecht ab, ebenso wie Winterreifen bei Sommerhitze schnell abnutzen und durch das ausgeprägte Profil eine kleinere Auflage- und damit auch weniger Bremsfläche bieten.

Wer seine Reifen selbst aufziehen kann, solle trotzdem mindestens alle zwei Jahre in die Werkstatt, um die Winterreifen auswuchten und auf Schäden kontrollieren zu lassen, rät der ADAC. Einen anderen Luftdruck als Sommerreifen bräuchten Winterreichen nicht, es sei denn, der Autohersteller hat einen Hinweis auf der Türleiste beim Beifahrer oder neben dem Tankdeckel angebracht.

(bur)
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