Frankfurt Achleitner ist bestbezahlter Aufsichtsrat

Frankfurt · Der Chefkontrolleur der Deutschen Bank bleibt mit 800.000 Euro Gesamtvergütung die Nummer eins. Durchschnittlich kassieren die Aufsichtsratsvorsitzenden in den 30 Dax-Konzernen 386.000 Euro, acht Prozent mehr als im Vorjahr.

Wenigstens das bleibt ihm: Ferdinand Piëch wird wohl noch eine ganze Weile als der bestverdienende Aufsichtsratschef aller Zeiten gelten. Knapp 1,5 Millionen Euro hat er 2014 bei VW kassiert, bevor er im Krach ausschied. An diese Summe kommt der neue Spitzenreiter auf der Gehaltsliste der Oberkontrolleure nicht heran. Er heißt Paul Achleitner, leitet den Aufsichtsrat der Deutschen Bank und bekam dafür voriges Jahr 800.000 Euro.

Im Schnitt wurden die Aufsichtsratschefs der Dax-Konzerne mit jährlich 386.000 Euro entlohnt. Das Durchschnittssalär lag damit 2016 um 8,3 Prozent höher als im Vorjahr. Das geht aus einer Studie der Unternehmensberatung HKP (Frankfurt) hervor. Die 386.000 Euro seien im internationalen Vergleich nicht viel, sagte HKP-Partnerin Regine Siepmann: "Wenn man sich die deutschen Aufsichtsratsvorsitzenden gegenüber den europäischen Chairmen oder Verwaltungsratsvorsitzenden anschaut, liegt die Vergütung in Deutschland deutlich tiefer." In der Schweiz würden mehrere Millionen Euro pro Jahr gezahlt. Das betrifft etwa den früheren Bundesbankpräsidenten Axel Weber, Verwaltungsratsvorsitzender bei der Schweizer Großbank UBS. Umgerechnet gut 5,2 Millionen Euro hat er dafür 2016 bekommen. Die Verwaltungsratsvorsitzenden der Pharmafirmen Roche und Novartis erhielten 4,1 beziehungsweise 3,5 Millionen Euro. Dagegen ging Werner Wenning bei Bayer mit 369.000 Euro nach Hause, obwohl der Leverkusener Konzern nach Branche und Größe mit der Schweizer Konkurrenz vergleichbar ist.

Die Berater von HKP haben die Vergütung der Aufsichtsräte mit der der Vorstände verglichen und festgestellt, dass letztere etwa 14 mal so viel verdienen wie ihre Aufpasser. "Das bedeutet: Sieben Prozent der Vergütung eines Vorstandsvorsitzenden wird an einen Aufsichtsratschef ausgezahlt, obwohl die Arbeitsbelastung eines Aufsichtsratsvorsitzenden signifikant höher ist als nur sieben Prozent der Arbeitszeit eines Vorstandschefs," sagte HKP-Senior Partner Joachim Kayser: "Insofern finden wir, dass die Aufsichtsratsvergütungen im Schnitt in Deutschland viel zu niedrig liegen."

Eine andere Interpretationsmöglichkeit wäre, dass die Vorstandsvergütungen zu hoch sind. Das legt eine weitere, gestern veröffentlichte Studie nahe. Die Analystenvereinigung DVFA hat ihre Mitglieder befragt. Rund 27 Prozent halten die Gehälter der Vorstandsvorsitzenden von im Schnitt gut sechs Millionen Euro für zu hoch. Fast alle der professionellen Marktbeobachter glauben, die Vorstandschefs würden auch für weniger als die Hälfte arbeiten, also für knapp 2,9 Millionen Euro.

Doch solange die Entlohnung von Aufsichtsräten und Vorständen so auseinanderklafft, wie es derzeit in Deutschland festzustellen ist, könnte über kurz oder lang auch die Qualität der Aufsichtsratsarbeit leiden. "Was wir merken ist, dass der eine oder andere Kandidat sich schon mal kritisch äußert zur Höhe der Vergütung", berichtete HKP-Partner Kayser. Der Aufsichtsratslohn sei "nicht angemessen" im Vergleich zu dem, was der Kandidat anderweitig verdienen könne.

Dabei klingen die Tagessätze der Aufsichtsratsvorsitzenden im Schnitt nicht schlecht. Sie müssten im Schnitt 50 Tage pro Jahr für das Mandat arbeiten. Bei der Durchschnittsvergütung von 386.000 Euro entspricht das gut 7700 Euro Tageshonorar. In der Finanzindustrie sei die Arbeitsbelastung aber deutlich höher, sagt Kayser und verwies auf die zahlreichen Regulierungsvorschriften für Banken.

(RP)
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