Düsseldorf Abschied vom Traumberuf

Düsseldorf · Derzeit bereiten sich die Lufthansa-Piloten auf den Arbeitskampf vor. Zwar werden sie nach dem teuren Konzerntarifvertrag bezahlt, doch die Aufstiegschancen sind begrenzt. Und wer noch nicht drin ist, hat das Nachsehen.

"In zwei Jahren ganz nach vorne", so habe man ihm die Piloten-Ausbildung bei der Lufthansa schmackhaft gemacht, erinnert sich ein Schüler der Lufthansa Verkehrsfliegerschule in Bremen. Das war vor sechs Jahren. Heute ist er einfach nur frustriert. Aus den versprochenen 22 Monaten Ausbildung seien knapp drei Jahre geworden. "Dabei war von Wartezeiten nie die Rede", sagt der 30-Jährige. Die Piloten-Ausbildung hat er zwar erfolgreich abgeschlossen, doch statt des versprochenen Lufthansa-Konzerntarifvertrags, wurde ihm nur eine befristete Stelle bei der österreichischen Tochter Austrian angeboten - zu deutlich schlechteren Konditionen. "Ich weiß nicht, ob ich überhaupt jemals für die Lufthansa fliegen werde. Und ich weiß auch gar nicht, ob ich das noch will."

Die Geschichte des jungen Piloten steht sinnbildlich für die Konzernstrategie der vergangenen Jahre. Wegen der zunehmenden Konkurrenz durch Billiganbieter wie Easyjet und Ryanair setzt auch die Kranichlinie inzwischen immer stärker auf das Billigsegment. Seit drei Jahren werden Flugzeugführer in den teuren Konzerntarif nicht mehr eingestellt. Dort würde ein Copilot ein Jahresgehalt von mehr als 70.000 Euro inklusive Zuschlägen bekommen. Als Kapitän könnte man es zum Laufbahnende sogar auf ein Jahresgehalt von mehr als 250.000 Euro bringen. Bei Billig- und Regionalfluglinien liegt das Einstiegsgehalt bei 25.000 Euro.

Doch selbst wer noch für die Lufthansa Passage fliegen darf, der muss sehr lange auf eine Beförderung zum Kapitän warten. Deshalb fordert die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) in den gerade für gescheitert erklärten Tarifgesprächen "eine strukturelle Anpassung bei den Copiloten ab dem zwölften Beschäftigungsjahr". Weil der Kernbereich nicht mehr wachse, blieben diese deutlich länger Copiloten und hätten damit ein niedrigeres Lebensarbeitsgehalt.

Der Konzern hatte zuletzt versucht, die Gespräche über Verbesserungen bei den Piloten zu entschärfen, indem nicht mehr über ein Gesamtpaket für die 5400 Lufthansa-Piloten verhandelt wurde. Das hatte sich in der Vergangenheit als zu komplex herausgestellt. Vor allem die Frage der sogenannten Übergangsversorgung hatte die Gespräche ins Stocken gebracht.

Für die Lufthansa wird die Situation derweilen auch an anderer Stelle brenzlig: Auch wenn die VC erklärte, die Tochter Germanwings vorerst nicht zu bestreiken, droht dort und auch bei der Eurowings ein weiterer Streit zu eskalieren. Der Tarif-Vorstand der Unabhängigen Flugbegleiter-Organisation, Nicoley Baublies, drohte im Gespräch mit dem "Tagesspiegel", bei Germanwings und Eurowings seien Streiks auch kurzfristig möglich. Allerdings hoffe er noch auf eine gütliche Lösung. In dieser Woche fänden Krisengespräche mit der Lufthansa statt.

Bei einem Streik Ende Oktober hatte Ufo mit Unterstützung der Kollegen bei der Schwestergesellschaft Germanwings, die ebenfalls zur Plattform Eurowings gehört, 393 von 551 geplanten Eurowings-Flügen ausfallen lassen.

Und auch juristisch könnte der Kranichlinie demnächst Ungemach drohen. Zehn Pilotenschüler klagen derzeit auf Vertragserfüllung; im Dezember soll verhandelt werden. "Wir haben uns nicht nur auf einen Ausbildungsplatz beworben, sondern auf einen Arbeitsplatz bei der Lufthansa", heißt es vonseiten der Kläger. "Und das wurde uns auch vertraglich zugesichert." Der Vorwurf: Die Fluggesellschaft halte die Pilotenschüler so lange mit befristeten und deutlich schlechter bezahlten Verträgen bei Töchter-Airlines hin, bis sie sich auch mit weniger gut bezahlten Pilotenstellen bei den Billig-Töchtern zufrieden geben werden. "Die Lufthansa hat uns in der Hand und kann uns gezielt vom Arbeitsmarkt fern halten. Der Konzern hindert hunderte junge Leute daran, ihrem Traumberuf Pilot nachzugehen", sagen die Kläger.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort