Berlin Ab Januar gibt es mehr Mindestlohn

Berlin · Heute gibt die Mindestlohnkommission bekannt, auf welche Höhe die Lohnuntergrenze 2017 angehoben wird. Während Gewerkschaften über neun Euro fordern, wollen die Arbeitgeberverbände höchstens 8,80 Euro pro Stunde zugestehen.

Auf zwei Frauen und fünf Männer kommt es heute an: Die sieben Mitglieder der Mindestlohnkommission geben bekannt, um wie viel Cent die gesetzliche Lohnuntergrenze von bisher 8,50 Euro pro Stunde am 1. Januar 2017 steigen soll. Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten.

Hinweis: Mittlerweile ist die Entscheidung da. Der gesetzliche Mindestlohn steigt 2017 auf 8,84 Euro pro Stunde.

Was ist die Mindestlohnkommission? Der Ausgleich zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen spielt im Mindestlohngesetz eine entscheidende Rolle: Eine ständige Mindestlohnkommission, in der je drei von der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite entsendete stimmberechtigte Mitglieder sowie der gemeinsam bestellte Vorsitzende sitzen, soll alle zwei Jahre die Höhe des Mindestlohns festlegen - nicht die Politik. Mit Ifo-Chef Clemens Fuest und der Duisburger Arbeitsmarktexpertin Claudia Weinkopf sitzen noch zwei nicht stimmberechtigte Wissenschaftler in der Kommission.

Wie wird entschieden? Die Kommission entscheidet mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder, wobei sich der Vorsitzende zunächst der Stimme enthalten soll. Können sich Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite nicht einigen, macht er einen Vermittlungsvorschlag. Wird auch dieser nicht angenommen, entscheidet der Vorsitzende. Kommissionschef Jan Zilius hat damit eine wichtige Machtposition. Der 70-Jährige war Justiziar der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie und später Personaldirektor beim Essener RWE-Konzern.

Nach welchen Kriterien wird entschieden? Nach dem Mindestlohngesetz soll sich die Kommission an der Entwicklung der Tariflöhne orientieren. Umstritten ist jedoch zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern, wann der dafür maßgebliche Zeitraum beginnt und wann er endet. Erwartet wird, dass für die Kommission die Zeit zwischen Januar 2015 und Juni 2016 relevant ist. In dieser Zeit stieg der Tarifindex laut Statistischem Bundesamt um 3,2 Prozent. Würde die Kommission auch das zweite Halbjahr 2014 einbeziehen, läge er höher. Das Gleiche gilt, sollte die Kommission auch noch Tariferhöhungen in der Metallindustrie berücksichtigen, die erst am 1. Juli 2016 wirksam werden.

Wo dürfte der Mindestlohn 2017 liegen? Würde die Kommission nur die Tarifentwicklung zwischen Januar 2015 und Juni 2016 zugrundelegen, müsste der Mindestlohn 2017 auf 8,77 Euro steigen. Bezieht sie aber noch andere Tarifentwicklungen ein, könnte die neue Lohnuntergrenze auch bei 8,90 Euro liegen. Berücksichtigen will sie zudem auch die allgemeine wirtschaftliche Lage - die sieht bekanntlich gut aus.

Welche Auswirkungen hatte der Mindestlohn bisher? Etwa 200.000 Mini-Jobs wurden laut Wirtschaftsforschern gestrichen, davon ein Teil allerdings in reguläre sozialversicherungspflichtige Jobs umgewandelt. Die Zahl der Hartz-IV-Aufstocker ging um nur 40.000 zurück und damit weniger als erhofft. Auch der Stellenverlust insgesamt war dank der guten Konjunktur deutlich geringer als von Ökonomen wie etwa Ex-Ifo-Chef Hans-Werner Sinn erwartet, der ein Minus von 900.000 Jobs prophezeit hatte. Allerdings könnte ein höherer Mindestlohn die Beschäftigung vor allem in Ostdeutschland verschlechtern, sollte sich die Konjunktur eintrüben.

(mar)
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