Düsseldorf 400 Millionen Tonnen weniger Kohle für RWE

Düsseldorf · Das NRW-Kabinett verabschiedet den Entwurf zur Leitentscheidung. Jetzt müssen die Bagger 400 Meter vor Holzweiler stoppen. "Die Jahre der Braunkohle sind gezählt", sagt Reiner Priggen. Die IG BCE hofft dagegen auf Nachbesserung.

RWE hatte mit allen Mitteln versucht, die Landesregierung von ihrem Plan abzubringen. Sechs Landtagsabgeordnete hatten einen nicht-öffentlichen Brief nach Düsseldorf geschrieben, damit die Bagger bis weit an die Ortschaften heran abbauen dürfen. Doch vergeblich. Gestern machte das Kabinett um SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ernst. Es verabschiedete den Entwurf zur Leitentscheidung Braunkohle, mit dem der Abbau in Garzweiler II kräftig eingeschränkt wird. "Die Leitentscheidung legt fest, dass der Tagebau Garzweiler II so zu verkleinern ist, dass die Ortschaft Holzweiler, die Siedlung Dackweiler und der Hauerhof nicht umgesiedelt werden", teilte die Staatskanzlei mit. Damit bleibt gut 1400 Anwohnern die Umsiedlung erspart. Zugleich bedeutet dies, dass RWE 400 Millionen Tonnen weniger aus der Erde holen darf. Garzweiler hat einen Vorrat von 1,2 Milliarden Tonnen.

Der Beschluss sieht vor, dass der Tagebau nur von zwei Seiten an Holzweiler heranrücken darf, um eine Insellage des Dorfs in der Kohlegrube zu verhindern: "Als Mindestabstand zur Abbaugrenze werden 400 Meter festgelegt." Bislang durften die Bagger bis auf 100 Meter heranrücken. Kein Erbarmen gibt es dagegen für die Einzelhöfe Eggerather Hof, Weyerhof und Roitzerhof. Sie müssen weichen.

Reiner Priggen, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen, ist zufrieden: "Die Landesregierung macht klar, dass die Jahre der Braunkohle gezählt sind. Es ist ein großer Erfolg, dass die Bagger nun 400 Meter vor Holzweiler stoppen müssen. Noch besser wäre es, wenn wir nach dem Vorbild der Steinkohle deutlich früher aus der klimafeindlichen Braunkohle aussteigen. Doch das ist mit RWE und den Gewerkschaften leider nicht zu machen."

Mehr noch: Diese hoffen, dass man an der 400-Meter-Grenze noch etwas ändern kann. Zwar sichere das Land mit dem Entwurf viele gute Arbeitsplätze, sagte IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis unserer Redaktion. "Es gibt allerdings Erläuterungsbedarf in einzelnen Punkten wie dem vorgesehenen Mindestabstand zur Abbaugrenze. Dessen Begründung werden im weiteren Beteiligungsverfahren zu klären sein."

Das ist langwierig: Am 29. September stellt NRW die Pläne den Bürgern vor, die zwei Monate lang Einwände vorbringen dürfen. Dann wird der Braunkohlen-Plan laut Land geändert und in einem mehrjährigen (!) Verfahren umgesetzt. Den Umweltschützern geht alles nicht weit genug: "Die Landesregierung kapituliert einmal mehr vor den Bergbau-Interessen des RWE", erklärte der BUND. Ihn stört der Satz der Regierung, der RWE so freut: "Der Braunkohlenabbau ist zur Energieversorgung auch nach 2030 weiterhin erforderlich."

Ob wirklich nach 2030 noch Braunkohle im rheinischen Revier abgebaut wird, darf indes bezweifelt werden. Das Land legt nur die Fördermenge fest, nicht die Zeit. Doch die Senkung der Fördermenge entspricht (gemessen an der gegenwärtigen Fördermenge) einer Verkürzung der Abbauzeit um vier Jahre. Offiziell geht RWE zwar davon aus, dass seine Tagebaue Garzweiler und Hambach bis Mitte des Jahrhunderts ausgekohlt werden, Inden bis 2030. Intern rechnet man aber längst mit einem weit früheren Ende, zumal viele Braunkohle-Kraftwerke aus Klimaschutzgründen vom Netz müssen und immer weniger Braunkohle benötigt wird.

(RP)
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