Frankfurt 40 Milliarden Euro für die Aktionäre

Frankfurt · Die börsennotierten deutschen Unternehmen schütten zwar viel Geld an ihre Eigentümer aus, erfüllen aber nicht die Forderungen von Aktionärsschützern. Und manche zahlen aus der Substanz. Das ist natürlich nicht zukunftsträchtig.

Freud und Leid der Auto-Aktionäre liegen derzeit eng beieinander. Während Daimler auf der Hauptversammlung gestern mit 3,45 Euro je Aktie und einer 32prozentigen Steigerung zum Dividendenkönig der Saison ausgerufen worden ist (siehe Bericht auf der vorhergehenden Seite), könnte VW, das im vergangenen Jahr noch zwei Milliarden Euro ausschüttete, dieses Jahr als Dividendenzahler ganz ausfallen. Das gilt auch für die Deutsche Bank und RWE. Andererseits ist eine hohe Ausschüttung kein Beweis für die Qualität einer Aktie. Sie könnte auch darauf hindeuten, dass im betroffenen Unternehmen "bald die Lichter ausgehen". Darauf hat die Aktionärsvereinigung DSW bei der Vorstellung ihrer neuesten Dividendenstudie hingewiesen.

Würde VW trotz der Milliardenverluste durch den Dieselskandal doch noch 50 Cent je Aktie ausschütten, käme in der laufenden Saison ein Rekord raus, denn es würden mehr als 40 Milliarden Euro ausgeschüttet. Was gut klingt, erfüllt indes nicht die Faustregel, die die DSW aufgestellt hat. Ihre Forderung, 50 Prozent der Gewinne an Aktionäre zu geben, werde nicht erfüllt, sagt Christian Röhl vom Institute for Strategic Finance, der für die DSW die Dividendenstrategie der börsennotierten Unternehmen untersucht hat. Die kleinen Nebenwerte kämen zwar an die 50 Prozent heran. Die größeren aus der Dax-Familie, Unternehmen also, deren Aktien in Dax, M-Dax, S-Dax und Tec-Dax notieren, erreichten nur eine Ausschüttungsquote von durchschnittlich 45 Prozent. "Aber die Streubreite ist sehr groß", sagte Röhl. Und: Jedes zehnte Unternehmen schütte aus der Substanz aus: "Das ist natürlich negativ." Rund ein Drittel der börsennotierten Unternehmen zahle weniger als 25 Prozent aus.

Die Dividendenpolitik des Ludwigshafener Chemieriesen BASF kommt bei den Aktionärsschützern trotz allem gut weg. Trotz sinkender Gewinne erhöht das Unternehmen die Dividende auf 2,90 (Vorjahr: 2,80) Euro je Aktie. Das könne akzeptiert werden, da BASF es mit einer vorübergehenden Delle auf den Rohstoffmärkten zu tun habe. Deshalb hätten Investoren offensichtlich verlangt, gleichwohl die Dividende zu erhöhen, zumal sie auf den Anleihemärkten derzeit kaum Zinsen bekämen, sagte Röhl.

BASF kommt derzeit auf eine Dividendenrendite von 4,4 Prozent. Und das in einem Umfeld, wo Spareinlagen kaum noch Zins bringen. Was sich gut anhört, kann allerdings ein Risiko verdecken. Beispiel: Die Aktien von RWE wurden im vergangenen Jahr noch mit einer Dividendenrendite von acht Prozent gehandelt - weil der Kurs so niedrig war. Gefährlich, meint Marc Tüngler, der Hauptgeschäftsführer der DSW: "Je höher die Dividendenrendite, umso eher muss man die Frage stellen: Ist das Geschäftsmodell eigentlich noch intakt, oder hat die Börse im Kurs schon erkannt, dass eventuell bald dort die Lichter ausgehen?"

Nach Einschätzung der DSW nutzen viel zu wenig Deutsche die Aktie als Sparform. Deshalb bekämen sie auch nichts vom aktuellen Dividendensegen ab. Von den rund 30 Milliarden Euro, die allein die 30 DAX-Unternehmen auskehren, fließen etwa zwei Drittel ins Ausland. "Das ist erst mal kein Problem", sagt Tüngler, weil ja auch rund zwei Drittel der Aktien Ausländern gehören. "Aber warum investieren die deutschen Anleger nicht in ihre heimische Wirtschaft?", frage er sich: "Das ist für uns ein Rätsel."

(RP)
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