Frankfurt/Main Zensur-Vorwürfe vor Confed Cup in Russland

Frankfurt/Main · 50 Tage vor dem Turnierstart kommt eine Diskussion um die Pressefreiheit im Land des WM-Gastgebers auf.

Erste Anhaltspunkte für eine mögliche Zensur beim Confed Cup in Russland haben die Spitzen des deutschen Fußballs als Wächter der Pressefreiheit auf den Plan gerufen. 50 Tage vor Turnierbeginn (17. Juni bis 2. Juli) lassen DFB-Präsident Reinhard Grindel und Liga-Boss Reinhard Rauball keinen Zweifel daran, dass sie Einschränkungen bei der Berichterstattung im Land des umstrittenen WM-Gastgebers 2018 nicht tolerieren wollen.

"Ich werde mich bei der Fifa-Ratssitzung am 9. Mai dafür einsetzen, dass die beim Confed Cup akkreditierten Journalisten frei berichten können", sagte Grindel der Bild-Zeitung: "Es wäre ein wichtiges Signal für die WM 2018, wenn schon beim Vorbereitungsturnier das russische Organisationskomitee deutlich macht, dass es keine Einschränkungen der Pressefreiheit gibt."

Ähnlich wie der Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) äußerste sich Rauball. "Die uneingeschränkte Meinungs- und Pressefreiheit gehört zu den Menschenrechten", sagte der Präsident der Deutschen Fußball Liga (DFL): "Die Wahrung der Menschenrechte muss auch bei einem sportlichen Großereignis sichergestellt werden - egal, wo es stattfindet."

Die beiden Präsidenten reagieren damit auf Passagen in den Akkreditierungs-Unterlagen für die Journalisten, in denen auf Einschränkungen der Berichterstattung hingewiesen wird. So heißt es darin unter anderem, dass Medienvertreter "ausschließlich über den Confed Cup und damit verbundene Ereignisse" berichten dürfen. Zudem dürfen Medienvertreter "nur auf dem Gebiet der Spielorte und nahe gelegener Sehenswürdigkeiten tätig sein".

Wer über die WM hinaus berichten möchte, braucht ein Arbeitsvisum. Ob diese Praxis tatsächlich als Einschränkung der Pressefreiheit zu werten ist, muss allerdings hinterfragt werden. Schließlich erscheint es nicht komplett abwegig, dass eine Akkreditierung für den Confed Cup nicht ausreicht, um in Krisengebiete zu reisen oder aus dem russischen Parlament zu berichten. Dennoch bleibt festzuhalten, dass solche Passagen in den Richtlinien für ein Turnier nicht üblich sind. Kritiker sehen darin den Versuch der Russen, unliebsame Berichte wie während der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi zu erschweren.

Die Fifa wies die Vorwürfe zurück, die Pressefreiheit sei "oberstes Gebot." In einer gemeinsamen Stellungnahme mit den Organisatoren teilte die Fifa mit: "Die Akkreditierung ist ein Arbeitsinstrument, das auch als vereinfachtes Medienvisum für Journalisten dient. Sie können an den Spielorten und in den umliegenden Gebieten ohne jede Einschränkung frei arbeiten." Auch Russland selbst bestreitet Einschränkungen für Journalisten: "Sie können schreiben, worüber sie wollen", sagte Vizeregierungschef und Fußballverbandschef Witali Mutko der Agentur Tass zufolge.

Für Frank Überall, den Bundesvorstand des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), steht deshalb der Weltverband in der Kritik. "Die Fifa lässt sich hier vor den Karren einer menschenrechtsfeindlichen Regierungspolitik spannen, indem sie Journalisten massiv in ihrer Arbeit behindert", äußerte Überall: "Man muss darüber nachdenken, ob man solche Turniere künftig noch in Ländern austragen kann, die die Pressefreiheit mit Füßen treten."

Die Zensur-Debatte ist Wasser auf die Mühlen derer, die schon seit Monaten die Austragung der WM-Endrunde in Russland ablehnen. Trotz der Korruptionsvorwürfe rund um die Vergabe, dem Dopingskandal, der Kritik wegen des Ukraine-Konflikts, der Menschenrechtsfrage sowie dem Auftritt von Hooligans und Nationalisten bei der zurückliegenden EM in Frankreich wurde vonseiten der Fifa nie ernsthaft am Turnier im Land von Staatspräsident Wladimir Putin gerüttelt.

Das DFB-Pokal-Halbfinale zwischen Borussia Mönchengladbach und Eintracht Frankfurt war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht beendet.

(dpa/sid)
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