Skispringen Kasais irrwitzige Laufbahn erreicht nächsten Meilenstein

Wisla/Köln · Skispringer Noriaki Kasai durchbricht am Freitag die nächste Schallmauer: Der 43-Jährige bestreitet seinen 500. Weltcup.

Das ist Noriaki Kasai
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Foto: dpa, Robert Parigger

Um biologische Gesetze schert sich Noriaki Kasai einen feuchten Kehricht. Mit bald 44 Jahren wurde Japans Skisprung-Legende Ende Januar erstmals Vater, keine Woche nach der Geburt von Töchterchen Rino stand er in Vikersund als ältester Springer der Historie auf dem Podest. Und am Freitag (20.30 Uhr/Eurosport) schreibt der Schanzen-Dino in Wisla erneut Geschichte: Kasais 500. Weltcup-Start im Einzel ist eine einmalige Wintersport-Marke.

"Es sind unglaubliche Zeiten. Erst werde ich Vater, dann schon wieder Dritter", sagt Kasai: "Es fühlt sich derzeit grandios an." Und grandios ist noch grandios untertrieben: Die Laufbahn des "Flugsauriers" hat mittlerweile irrwitzige Dimensionen angenommen. Im Vergleich zum Adler aus Shimokawa verblassen selbst die Karrieren anderer "ewiger" Wintersportler.

Seit 27 Jahren im Weltcup

Die unverwüstliche Biathlon-Institution Ole Einar Björndalen (41) liegt ebenso bei unter 400 Weltcupstarts wie der frühere Alpin-Dauerbrenner Marc Girardelli, der 1999 nach 17 Jahren zurücktrat. Auch eine Claudia Pechstein (44) kann nicht mit Kasai mithalten, der seit 27 Jahren im Weltcup springt und kaum ein Zeichen von Abnutzung zeigt. "Normalerweise sitzt man in dem Alter daheim auf der Couch und schaut sich das im Fernsehen an", sagt Weltmeister Severin Freund.

Als 16-Jähriger hatte Kasai Ende 1988 in Sapporo im Weltcup debütiert, als 19-Jähriger war er Anfang 1992 in Lahti erstmals auf das Podest gesprungen. Seitdem kamen und gingen Skispringer-Generationen, Kasai blieb und gehörte fast ununterbrochen zur Weltspitze. "Ich habe es schon als Kind gehasst zu verlieren, egal wo, egal wann. Das ist wahrscheinlich das Erfolgsgeheimnis meiner Karriere", sagt Kasai.

Mittlerweile gibt es kaum einen Alters- oder Ausdauer-Rekord, den der einstmals notorische Junggeselle nicht hält. Beim Heimspiel in Sapporo ehrte ihn das Guinness-Buch unlängst für die meisten Weltcup-Starts und die meisten Teilnahmen an Nordischen Ski-Weltmeisterschaften (zwölf/1989 - 2015). Niemand startete öfter bei Olympischen Winterspielen als Kasai (siebenmal/1992 - 2014), kein älterer Skispringer holte eine Olympia-Medaille (Silber und Bronze 2014). Im Weltcup ist er ältester Sieger (42 Jahre, 176 Tage/29. November 2014 in Kuusamo), ältester Podestspringer (43 Jahre, 251 Tage/12. Januar 2016 in Vikersund) und ältester Starter der Geschichte.

Mutter und Schwester starben viel zu früh

Dabei ist im Leben Kasais, der bis auf sein stetes Lächeln kaum eine Gefühlsregung zeigt, nicht alles eitel Sonnenschein. Seine Mutter kam 1997 bei einem Hausbrand ums Leben, seine jüngere Schwester starb vor wenigen Wochen nach langer Krankheit. "Wenn ich daran denke, was meine Familie schon mitgemacht hat, ist das harte Training nichts dagegen", sagte Kasai einmal.

Und deshalb verschwendet er auch drei Monate vor seinem 44. Geburtstag keinen Gedanken an ein baldiges Karriereende. "Als ich 40 wurde, hatte ich beschlossen, mit 50 aufzuhören", sagt er. Das wäre nach seinen neunten Winterspielen, 2022 in Peking. Nun aber bemüht sich seine japanische Heimat mit Sapporo wohl um Olympia 2026. "Dann werde ich zwar fast 54 Jahre alt sein, aber es ist eine zu große Chance, um aufzugeben." Ein völlig irrsinniges Ziel. Aber wenn es einer schafft, dann der ewige "Nori".

(sid)
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