Biathlon-WM Holmenkollen - der heilige Berg des Wintersports

Oslo · Der Holmenkollen ist eine einzigartige Sportarena hoch über Oslo. In der norwegischen Hauptstadt beginnt morgen die Biathlon-WM.

Biathlon-WM: Magdalena Neuner stellt deutsche Medaillen-Hoffnungen vor
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Neuner stellt deutsche Medaillen-Hoffnungen vor

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Foto: dpa, cas soe nic

Die Norweger haben ein eigentümliches Verhältnis zu Würstchen, entweder sie "brennen" sie, oder sie stecken sie in Thermoskannen. Beide Praktiken spielen eine wichtige Rolle, wenn ab morgen die Biathlon-WM auf dem Holmenkollen stattfindet. Die Camper, die sich nach traditioneller Art für ein paar Tage auf dem Areal Steinalderakeren niederlassen, halten sie auf Stöcke gespießt ins offene Lagerfeuer. "Brennen" heißt das auf Norwegisch. Das Resultat ist außen schwarz und innen schweinchenrosa. Tausende Fans kommen zudem täglich per U-Bahn oder zu Fuß hinauf zum Holmenkollen. Viele von ihnen haben ebenfalls Würstchen dabei. In "Pölse-Termos". Das sind extragroße Thermoskannen, die eigens für Bockwürste konstruiert wurden.

Lagerfeuer und Thermoskannen werden in den nächsten anderthalb Wochen im Dauereinsatz sein. Die Biathlon-Weltmeisterschaften versprechen ein Volksfest zu werden. So wie es 2011 die Nordischen Ski-Weltmeisterschaften waren, wie es seit bald 125 Jahren das Holmenkollen-Skifestival ist und wie es die Olympischen Winterspiele 2022 hätten werden können, wenn die Norweger ihre Bewerbung nicht zurückgezogen hätten, so dass Peking zum Zug kommen konnte.

Die Biathleten trugen zuletzt 2002 einmal ihre WM auf dem Berg über Oslo aus. Allerdings fanden damals wegen der im selben Winter in Salt Lake City stattfindenden Olympischen Winterspiele nur die nicht-olympischen Rennen statt. Ole Einar Björndalen belegte den siebten Platz im Massenstartrennen über 15 Kilometer. Heute ist er 42 Jahre alt und wieder ein Star der WM in seiner Heimat.

Der Holmenkollen gilt als Mekka des nordischen Skisports. Die Schanze von 1892 ist die älteste der Welt. Der 50-Kilometer-Langlauf im klassischen Stil ist für Traditionalisten jedes Jahr der Höhepunkt der Weltcupsaison im Skilanglauf. Der König, der seine eigene Loge hat, ehrt regelmäßig die Sieger im Langlauf, im Skispringen, in der Nordischen Kombination und auch im Biathlon. Das Skimuseum mit seinen 4000 Ausstellungsgegenständen ist eine Pilgerstätte. Auch Ausrüstungsgegenstände der Polarforscher gehören zur Sammlung.

Der Wintersport prägt die Identität Norwegens, das erst 1905 die Unabhängigkeit von Schweden erlangte. "Es hat hier eine lange Tradition, in der Natur zu sein, im Wald zu arbeiten, auf Skiern unterwegs zu sein", sagte der achtmalige Olympiasieger Björn Dählie, "wir hatten unsere Polarforscher wie Roald Amundsen und Fridtjof Nansen, die mit Expeditionen für uns zu Helden geworden sind." Das Nansen-Denkmal überstand auch alle Umbauten am Holmenkollen. Genau wie das des früheren Königs Olav V., der in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf den damals noch bedeutend kleineren Schanzen dort gesprungen ist.

Camping an der Loipe gehört zur Tradition am Holmenkollen - egal ob bei minus 20 Grad Nachttemperatur oder bei Nebel und nasser Kälte. Die Stimmung erinnert an Alpe d'Huez, wo sich die Tour-de-France-Fans auch schon Tage, bevor die Radrennfahrer kommen, einrichten. Das skandinavische Jedermannsrecht schreibt vor, dass die Übernachtung im Wald nichts kosten darf. Die ganze Nacht über brennen die Lagerfeuer. Es wird viel gesungen und noch mehr getrunken. "Wer dort schlafen möchte, sollte Ohrstöpsel einpacken", empfahl Campleiterin Line Eskerud zuletzt. Sie mahnte die Camper, gut aufeinander aufzupassen: "Denn die Kombination aus Kälte, Alkohol und Dunkelheit ist vielleicht nicht die beste."

In der Frühe schnallen viele Camper die Skier unter und laufen hinaus in die Nordmark. 270 Kilometer präparierte Strecken laden ein. Nirgends wird so deutlich wie am Holmenkollen, was Tove Indgjerd, der Kulturchef der WM 2011, meinte, als er Oslo als "Welthauptstadt des Wintersports" bezeichnete.

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